Stefan Schridde im Interview zu Mut

Stefan Schridde von MURKS? NEIN DANKE! zu Mut, Recht und der Industrialisierung des Menschen.

Das Interview gibts auch hier auf Vimeo Go to Vimeo home page .

Transkript: “Ich glaube ersteinmal braucht es eine Befreiung von der Ermutigung, die wir alle erlitten haben.Seit wir Industrialisierung haben, findet ja auch eine Industrialisierung der Gesellschaft statt.[…]Wenn etwas dauernd in gleicher Form vom Fliessband fällt, haben wir dann gelernt, dann brauche ich keinen Menschen mehr, der mit einem Handwerker sich darüber unterhält ‘Och, das haste aber schick gemacht!’, weil es sowieso immer in gleicher Art und Güte runterfällt.Jetzt ist aber auf der anderen Seite vorher immer noch ein Mensch gewesen, der hat mit einem Handwerker geredet. Jetzt soll er sich aber im Regal Produkte gleicher Art und Güte rausnehmen.Deswegen gibt es Preise, damit ich nicht mehr den Wert bezeichnen muss.Wir führen gar kein Wertefindungsgespräch mehr, kleb doch nen Preis drauf! Das gibt nen schnellen Tausch.Jetzt sollen wir aber auch noch Kundengruppen werden, also nicht mehr ‘ich kaufe was’, ‘Sie kaufen was’,sondern die Kundengruppe der Fresh Urbanisers oder so, kauft was. So, da werden wir auch schon wieder industrialisiert. Und all das hat in den letzten hundert Jahren, diese Industrialiserung der Gesellschaft, dazu geführt, dass wir zu Menschen geworden sind, die wir ja gar nicht sein wollen, wo wir dann auch über Rollen sprechen, die wir annehmen. Und im Tarifvertrag Tarifgruppe 13 sind und sowas. Also überall alles schön vereinheitlicht einpacken, und wir als Menschen fühlen uns immer unwohler in diesem seltsamen Kostüm, das wir tragen sollen. Da sind wir schon längst Cyborg geworden, also industrialisierte, vereinheitlichte Menschen, die wir aber nicht sein wollen. Im Prinzip haben wir heute schon Xenotransplantation. Uns sind fremde Dinge implantiert worden, damit wir mit diesem industriellen Tauschsystem besser harmonieren. Diese Maschine takt immer ein neues Produkt raus, und das sollen wir bitteschön so abnehmen. Wir sollen nicht mehr kommen und sagen: ‘Ich hätte gerne einen Stuhl, kannst Du mir mal die Ornamentik so machen, vielleicht das Familienwappen noch rein, ich hätte das gerne mal so ein bisschen anders, ich hab da kürzlich was gesehen.’ Das machen wir ja nicht mehr, und all die Gespräche haben wir vergessen und darüber sind wir Menschen geworden, die anfangen auch schon mit uns selber industrialisiert zu reden. Das entmutigt, das entkräftet. Das macht Menschen zu etwas, die sagen: ‘wie kann ich dieser Aufgabe am Fliessband gerecht werden?’.

Die BWLer verlängern das Fliessband bis hin zum Grab.

[…]

Damit müssen wir aufhören, dringends aufhören. Und wieder anfangen, nicht nur den Mut zu haben, sondern auch zu wissen, wir dürfen das Recht in Anspruch nehmen, die Gesellschaft zu sein, die sagen darf, für das was wir gestalten wollen, müsst ihr uns bitte das und das bereitstellen. Und nicht zu überlegen, wie können wir die Gesellschaft so umbauen, dass wir es schaffen, dass wir zur Wirtschaft passen. Das muss beendet werden. Wir dürfen es ja als Menschen nicht zulassen, dass wir eine Welt schaffen, in der aber auch alles industrialisert ist.”