Prof. Angelika Zahrnt im Interview zu praktischen Schritten in eine Postwachstumsgesellschaft

Prof. Angelika Zahrnt zum Kurswechsel und der Rolle Einzelner und alternativer Lebensstile abseits von Konsum, Karriere und Rendite.

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Transkript: “Wenn wir einen bestimmten Anteil von Leuten haben, die sich sozusagen postwachstumgsmäßig verhalten, dann ändert das ja nichts am Kurs des gesamten Schiffes. Trotzdem ist es wichtig, daß Einzelne schon versuchen andere Konsumstile, andere Unternehmensformen auszuprobieren, eben als Teil dieser Transformation zu einer Postwachstumsgesellschaft. Denn wenn der oder die Einzelne sieht, hey, meinem Nachbarn geht es eigentlich ganz gut. Der hat sein Auto verkauft und macht nur noch Carsharing. Ich merke eigentlich nicht, daß der nur noch tieftraurig und mißgelaunt durch die Gegend läuft sondern der macht weiterhin seinen Ausflug mit Oma und Opa und gönnt sich trotzdem mal irgendwas mit dem Auto und nimmt sich dann einen Caravan, wenn die Familie so groß ist. Also, wenn solche neuen Formen ausprobiert werden und erfahren wird, daß es funktioniert, und man darüber spricht, dann hat das eben schon etwas dafür, daß sich soetwas auch ausbreiten kann. Wenn ich nur die ganze Zeit Konzepte schreibe und schöne Bücher schreibe, dann ist das längst nicht so überzeugend, als wenn Leute das echt ausprobieren. Und das gabs immer mal wieder, in den letzten hundert Jahren in Wellen, daß Menschen neue Lebenstile ausprobiert haben, das war in den siebziger Jahren so und ich habe den Eindruck, daß es jetzt wieder so eine Phase gibt, wo zunehmend jüngere Leute auch ein Stück weit dieses Konsumdenken, dieses Karrieredenken, dieses nur in Rendite Denken für sich selbst nicht mehr so attraktiv finden und nicht aus der Not heraus, sondern weil sie sagen, es macht irgendwie keinen Sinn, daß ich mich abaste und keine Zeit habe und zu versuchen im Beruf die Arbeitszeiten anders zu machen oder auch selbständig zu werden um mehr Freiraum in der Gestaltung der Zeit zu haben und sich mit anderen dann zusammentun, um neue Dinge auszuprobieren, denen es auch Spaß macht, und die es interessanter finden als so in dem Hamsterrad weiter zu funktionieren. Und da habe ich den Eindruck tut sich derzeit an verschiedenen Orten etwas, auch an den Unis tut sich was, auch gerade bei den Volkswirtschaftsstudenten gibt es kleine Gruppen, das ist nicht die Masse, aber es ist merklich, daß ein neues Interesse an diesen Frage da ist, sowohl jetzt akademisch aber auch vor allen Dingen ganz praktisch. Wenn es jetzt eben diese Reparicafes gibt, da muss ja auch jemand hingehen. Also auf der anderen Seite, wenn ich immer schon gerne gebastelt habe, mir aber dafür zu unsicher war, habe ich jetzt die Chance da hinzugehen und da zeigt mir vielleicht jemand, wie ich mit der Bohrmaschine vernünftiger umgehe, als ich das bisher gemacht habe. Also, da tut sich was an dem Interesse einzelner, aber auch dadrin, daß zunehmend Infrastrukturen entstehen, wo man sowas mit anderen gemeinsam ausprobieren kann.