Prof. Angelika Zahrnt im Interview zu Suffizienz

Prof. Angelika Zahrnt zum Überfluß, der Ablenkung durch den Konsum und dem “Sinn dieser ganzen Veranstaltung”.

Das Interview gibts auch hier auf Vimeo Go to Vimeo home page .

Transkript: “Das ist eine ganz alte Debatte, ob es inzwischen einen Überdruß am Überfluss gibt, weil es eben tatsächlich so ist - siehe Fromm, Haben oder Sein - die mit Aristoteles Über das Gute Leben anfing und die eben mit dem Aufkommen der Konsumgesellschaft und dem zunehmenden Überfluss eben auch nachdenkliche Stimmen zu Wort kommen läßt, die sagen: Ist ja schön alles kaufen zu können, es wird schon mühsamer alles kaufen zu müssen, um mit anderen mitzuhalten, und diese Vielzahl von Dingen beschäftigt einen auch. Sowohl beim Einkaufen, wie auch zu sehen, wie man das Zeug in den Schränken unterbringt, das man es immer repariert und gereinigt kriegt, und auswechselt, Sommer, Winter und so weiter. Es braucht viel Platz, und ich muss dann hinterher, wenn ich soviel Zeug habe, das ja auch wieder loswerden, wenn ich wieder neues kaufen will. Also von daher werde ich mit dem Konsum beschäftigt, obwohl ich eigentlich als Grundbedürfnis interessante Bücher und gute Musik und schöne Kleidung und mit Freunden zusammenzusein als Bedürfnis hätte, und nicht eigentlich neue Dinge zu konsumieren, zu verstauen, zu entsorgen. Und das kriegt eine Dynamik und ein Eigenleben, dass dann eben soviel Zeit von meinem Gesamtzeitbudget in Anspruch nimmt, dass ich vielleicht zu den Dingen, die ich machen will, nämlich das Buch auch zu lesen und mich mit Freunden zu verabreden und das Kleid auch mal anzuziehen, das ich eigentlich für so einen Zweck gekauft habe, dass ich vielleicht dann gar nicht mehr dazu komme, weil ich mit dem Konsumieren und Entkonsumieren so sehr beschäftigt bin. Gerade auch der Erfolg dieses Buches von Nico Paech, Befreiung vom Überfluss, zeigt, dass es eine Reihe von Leuten gibt, die das so empfindet. Das ist auf der einen Seite ganz positiv, dass es auf der einen Seite Leute gibt, denen der Sinn dieser ganzen Veranstaltung nicht mehr so einleuchtet. Auf der anderen Seite, wenn man in einer x-beliebigen Einkaufsstraße in Heidelberg oder in Stuttgart ist, hat man nicht das Gefühl, daß die Leute nur widerstrebend in diese Konsumtempel gehen, sondern daß sie schon einen Stück ihres Lebens darin sehen zu kaufen und wegzuwerfen, sodass wir hier zwei gegensätzliche Zeitströmungen haben. Einmal diejenigen, die versuchen ihren Konsum kritisch zu überdenken. Die Zeit, aber auch das Geld sehen, das sie dafür aufwenden müssen, und die anderen, die noch weiter auf dem Konsumtrip sind und das munter weiter machen.”