EU will einen neuen Energiemarkt und andere Verbraucher

“Der Anteil des aus erneuerbaren Energiequellen erzeugten Stroms steigt bis 2030 von heute 25 % auf 50 % an.”

Das ist doch mal schön. Und steht auch noch so in dem aktuellen Faktenblatt der Europäische Kommission mit dem Titel “Neugestaltung des Strommarkts und Stärkung der Verbraucher” vom 15. Juli 2015.

“Der Strommarkt durchläuft einen ständigen Wandel und hat sich in den letzten fünf Jahren grundlegend verändert.” Stimmt. Und wenn sich die klassischen Energieversorger in der Zeit zur Kooperation anstatt zur Konkurrenz mit den Bürgerinitiativen bemüßigt gefühlt hätten, könnten wir auch schon weiter sein.

Und da die EU nun offiziell “weltweit die Führungsrolle im Bereich der erneuerbaren Energie anstrebt”, das ist nachdem fast die ganze Solarbranche inzwischen ins Ausland verkauft wurde, fangen wir einfach nochmal da an, wo es Mitte der 90er losging. Also nochmal zum Mitschreiben für alle, die noch bis zum Hals in ihren kaputten Geschäftsmodellen aus dem 19. Jahrhundert stecken: Die nüchternere Perspektive bietet Hans-Josef Fell in einem Interview vom Mai Youtube.

“Um übermäßig hohe Investitionen zu vermeiden, muss auf andere Weise die Flexibilität gesteigert werden, z. B. indem den Verbrauchern ermöglicht wird, ihre Nachfrage an die Stromerzeugung anzupassen.” Heisst das: Flexibilität können wir nicht so gut, das macht dann mal der Verbraucher? Oder eher: Wir haben gerade wenig Geld wegen Griechenland und Ukraine und so, und deshalb gibts immer nur soviel Strom wie eben gerade da ist?

Und da stehts auch schon: “Außerdem können bei niedriger Erzeugung und hohen Preisen die Endkunden die Lage entschärfen, indem sie weniger Strom verbrauchen.”

Hoffen wir, daß das Ganze dann auch noch genug Wirtschaftlichkeit übrig läßt, damit wir uns langfristig um unsere kernenergietechnischen Schwerstpflegefälle kümmern können. Denn auch beim großen Bruder in Übersee kommen die Teile langsam in die Jahre und die ersten Journalisten kratzen sich nachdenklich am Kopf.

Doch zurück zur EU. Die vorgeschlagenen Umgestaltungen machen Sinn. Und so sieht zeitgemäße und sinnvolle Energiewirtschaft nunmal aus: Erneuerbar und angebotsabhängig.

Wo das bei den privaten Verbrauchern durch das Verhalten und kleinere technische Maßnahmen sicherlich so umgesetzt werden kann, sehe ich die Herausforderungen hauptsächlich in den Betrieben und Fabriken, die Ihre Prozesse entweder technisch am Laufen halten müssen, oder eben angebotsabhängigen Durchsatz haben werden. Vielleicht kann man das den Mitarbeitern auch erklären, daß das Energieangebot das Arbeitspensum vorgeben wird, auch in früheren Versionen als Industrie 4.0. Ich glaube die Menschen können das verstehen lernen, auch wenn das für Politiker wie Josef Göppel kürzlich in seinem Vortrag noch nicht möglich erschien.

Und hoffentlich wird die EU Initiative nicht wieder von der Stromlobby in ein Strukturerhaltungspaket umgeformt und wir stehen mit noch mehr Neusprech in fünf Jahren immernoch da, wo wir heute sind.

Und da wir das mit dem Strom ja schon gut hinbekommen zu scheinen, können wir die Debatte vielleicht jetzt langsam auf Heiz- und Transportenergie ausweiten?

Denn auch laut der Forschungsabteilung der KfW spielen immernoch “Gas und Öl [..] in der energie-intensiven Industrie mengenmäßig eine große Rolle”.