Schulleiterin: Kreativität lernst Du ja nicht, wenn alles verplant ist

Es ist ein Sonntag im Herbst in Berlin. Die Sonne scheint zwischen den Wolken hindurch, der Wind spielt mit der rechten Hand eine rauschende Melodie mit den trockenen Blättern,

während seine linke den Grünstreifen neben den engen Alleen den Rasen lautlos flimmern lässt.

“Und die Gesamtzusammenfassung ist ein einfacher Satz: Die Aufgabe der Schulen ist es, das Gelingen zu organisieren und nicht das Mislingen zu dokumentieren.”

Damit schliesst der Reformpädagoge Otto Herz den letzten Workshop der zweitägigen Konferenz an der Freien Universität Berlin und erntet dafür euphorischen Applaus. 45 Minuten zuvor war die Stimmung alles andere als euphorisch im Hörsaal C. Was war passiert?

Ein aufgebrachter Zuhörer ruft den Vortragenden fünf Minuten nach beginn der Sitzung zu: “Entweder Noten in der Schule oder keine? Dann probiert es doch einfach mal aus. Probierts doch mal aus!” “Ich weiss nicht, wen Sie mit ‘ihr’ meinen?”, erwidert Margret Rasfeld, eine der Vortragenenden. Die Stimmung ist positiv geladen.

Positiv, weil es um praxiserprobte, aber immernoch junge Methoden im Einzelnen und die Zukunft der Kinder in diesem Land im Allgemeinen geht. Und das betrifft die zahlreichen Eltern unter den drei Dutzend Teilnehmern unmittelbar. Geladen ist die Stimmung, weil der Konsens im Raum zu sein scheint, dass die Schulen hierzulande die Kreativität der zukünftigen Arbeiter-, Unternehmer- und Wählerschaft zumindest nicht ausreichend fördern. Entgegen dem gängigen Selbstbild der Organe des Lehrkörpers, die keinen Änderungsbedarf sehen. Aber auch die Kreativität der Schüler der Vergangenheit ist rückschauend von dieser von der NASA in einer Studie nachgewiesenen Wirklichkeit und damit auch von der daraus abgeleiteten Kritik betroffen. Youtube George Land (TED Talk) führte die besagte Studie für die NASA durch und schrieb bereits 1993 in seinem Buch ‘Breaking Point and Beyond’: “What we have concluded, is that non-creative behavior is learned.” (dt. “Wir haben herausgefunden, dass nichtkreatives Verhalten erlernt wird.”) An der Stelle sei auch auf den Youtube Vortrag von Sir Robinson mit dem Titel “Do schools kill creativity?” hingewiesen.

Und damit sind alle Anwesenden an diesem Sonntag in Berlin in einem Hörsaal an der Freien Universität auch gleichzeitig selbst betroffen von dem Thema, über das die Vortragenden sprechen.

“Er redet mit sich selber”, kommentiert ein anderer Zuhörer für alle hörbar den angreifenden Tonfall gegenüber der Vortragenden hinsichtlich der Noten. Frau Rasfeld von der evangelischen Schule Berlin Mitte bleibt ruhig und entgegnet professionell: “Wir sind doch jetzt seit gestern von Youtube Herrn Hüther (Prof. für Neurobiologie und Gehirnforscher) aufgeklärt, dass man in Subjekt-Subjekt-Beziehungen geht und gemeinsam etwas hervorbringt, und nicht von oben herab. Ja?” Das Publikum klatscht Beifall und Frau Rasfeld fährt fort: “So. Wir wissen das jetzt schon seit Ewigkeiten, dass Schule so ein Muster hat und wir alle auf dem Muster laufen. Und wir versuchen immer, dieses Muster zu verbessern, zu optimieren. Also wir bleiben bei dem System und optimieren das. Wir haben da nicht so mutige Leute im Senat. Wir haben auch Eltern, die streiken. Der Senat hat hier in Berlin jahrgangsübergreifendes Lernen für Grundschulen eingeführt. Was natürlich toll ist, weil dann bist Du aus der Frontalsituation raus. Es gab einen solchen Druck von den Eltern, dass das zum Teil wieder zurückgenommen wurde. Aber in solche Diskussionen will ich jetzt eigentlich nicht gehen. Man kann total viel machen. Aber die einzelne Schule muss es tun. Und es wurde vorhin nach Vernetzung gefragt, das gibts auch. Ich stell das nachher noch kurz vor. Ich sag aber jetzt mal, kurz wie wir Schule machen.”

Sie stellt sich hinter den Rednerpult und beginnt ihren Vortrag.

“Wir trauen uns zu und wir trauen es den Schülern zu, ihr Lernen selbst zu organisieren und, dass sie selber lernen können. Und dass sie Erwachsene brauchen, die sie Coachen, so dass sie selber arbeiten können.

Das hat man an allen Montessori-Schulen, das ist jetzt nichts Unbekanntes.

Bei uns gibt es so einen Block für Leute in Mathe, wir arbeiten im Jahrgangsgemisch, es gibt einen Musterbruch, der Lehrer kann sich nicht mehr vorne hinstellen.

Wir brauchen diese Muster nicht mehr. Und was wir noch gemacht haben, die Schüler entscheiden, wann sie den Test schreiben.

Dadurch haben wir Dreierlei bewirkt: wir haben die Angst aus dem System genommen, wir haben die Konkurrenz aus dem System genommen, und diesen ganzen Stress.

Du lernst dann aber für Dich, und nicht für die Note und nicht für die zehn Euro, die Du zuhause bekommst.

Und wir haben Schüler heute, die kommen und sagen: ‘Wenn ich keine Eins schreibe bin ich schlecht.’ Soweit sind wir ja schon gekommen.

Neulich hatte ich Pauline mit - normalerweise bringe ich Schüler mit zu den Vorträgen, die dann erzählen - und die sagt:

‘Boa, ich hab immer nur gelernt. Eins, Eins, ich wollte nur Einsen. Ich hab mich geärgert wenn ich keine Eins hatte. Und jetzt komme ich auf eine Schule, da gibt es keine Noten? Und da gibts auch keinen Testtermin? Ich saß da, ich wusste überhaupt nicht, was soll ich jetzt tun. Aber es hat mir gefallen.’

Also, Kindern fehlt Zutrauen. Zutrauen und Vertrauen sind ja die Grundlage, für Subjekt-Subjekt-Begegnungen. Das ist eins bei uns. Also die Basics, die kriegst Du nebenbei halt mit.

Dann müssen wir jeden Menschen vorbereiten, auf die Komplexität in unserer Gesellschaft. Oder auf die Interdisziplinarität, die ganzen Entrepreneurideen sind ja auch komplex. Eben Dinge aus dem Leben, für den richtigen Weg zu finden. Das wäre ein Projekt.

Da sagen die Schulen: ‘Ja, können wir nicht machen, ich habe nur eine Einzelstunde.’

Statt dass die sagen, wie können wir den ganzen Stundenplan umbauen, dass sie einen Tag in der Woche für das Projekt haben.

Bei uns ist das ein Tag. Und das Projekt wird definiert. Eines ist zum Beispiel ‘Wasser’ wo die Schüler sich zu dem Oberthema ‘Vorschriften’ Gedanken machen. Also gehen sie erstmal in die Vorbereitung, in die Themen, die sie interessieren. Und dann kann es durchaus sein, dass sie etwas erfinden. Und dann beschäftigen sie sich damit. Und sie haben dazu auch ausreichend viel Zeit. 40 Stunden. Jetzt können sie mit ausserschulischen Partnern zusammenarbeiten, mit Theatern, und und und. Und Du kannst unendlich viel machen, weil Du dem Raum gibst.

Dann haben wir eine Anerkennungs- und Wertschätzungskultur, vor allen Dingen, weil wir den Kindern soviel zutrauen. Das ist das Erste.

Wir trauen ihnen zu, dass sie alle selbstorganisiert lernen können. Dass wir in unserem Stadtteil Verantwortung übernehmen können.

Und wir haben etwas ganz Wichtiges: Jedes Kind hat einen Lehrer als Tutor. Und jeder Lehrer hat jeweils zwei Stunden die Woche, für seine dreizehn Tutanden für Coaching.

Und dann hast Du plötzlich einen, der immer für Dich da ist und Dich coacht und nicht für Dich die Dinge löst, sondern Dich bei Deiner eigenen Lösung der Probleme unterstützt.

Ein zwölfjähriger Junge hat mal gesagt: “Das ist wie unten abgefedert und oben nicht gedeckelt.”

Und Du gehst natürlich in eine ganz enge Beziehungskultur. ‘Dass ein Lehrer mein Freund sein könnte? Niemals! Niemals, hätte ich mir das in der Grundschule vorstellen können.’

So, und jetzt kommt der Punkt. Das ist eine Schule, die jetzt anders damit umgeht, mit der Wissensformulierung.

Wo lerne ich jetzt wirklich, mich sinnvoll zu betätigen? Wo lerne ich raus zu gehen, mutig sein. Etwas Sinnvolles für die Gesellschaft zu tun.

Der Herr Hüther hat ja gestern gesagt: ‘Drei Ressourcen.’

  1. Vertrauen in Dich selbst.

  2. Vertrauen, dass es andere gibt, mit denen ich etwas machen kann.

  3. Und das Dritte ist, dass ich etwas Sinnvolles in die Welt bringe, damit ich weiss, wofür ich da bin.

Wir sprechen heute nicht mehr von Krankheit, sondern von Gesundheit. Also was sind gesundheitsfördernde Faktoren? Die heissen: Verstehbarkeit, Gestaltbarkeit und Sinnhaftigkeit.

Bei uns versteht jeder Schüler wo er ist, weil er seinen eigenen Lernweg geht.

Sie können viel mitgestalten. Sie können ihr eigenes Lernen gestalten. Sie können auch Lehrmaterial verändern. Sie sind immer in Kontakt.

Und die Sinnhaftigkeit gibts eben durch unsere Projekte im Leben.

Hier sieht man erstmal Zeitgefäße, wo nicht so ein Unterricht ist, wo man was verpasst.

Du kannst im Projekt Deine eigenen Ideen verfolgen. Wir haben zweimal die Woche Werkstatt, da kannst Du Deine eigenen Sachen machen.

Wir haben jetzt zum Beispiel zwanzig Kinder, die haben alle ein Start-Up entwickelt. Wir hatten auch richtig Euphorie da, und die hatten supertolle Ideen.

Wir haben aber auch Projekte, wo wir zum Beispiel in Flüchtlingsheime gehen oder in Schulen in sozialen Brennpunkten mit 95 % Migrationshintergrund in der ersten Klasse und helfen da.

Man kann aber auch eine Werkstatt von jemand anderem besuchen. Man geht in den Freiraum auch mal rauszugehen und was eigenes zu machen. Kreativität lernst Du ja nicht, wenn alles verplant ist. Wir ticken alles zu und glauben, die Schüler könnten kreativ bleiben.

Und dann ist etwas ganz Wichtiges, da Mittwochs: Schulfach Verantwortung.

Ist Pflicht für alle. Wurde 1998 in Essen an einer grossen Gesamtschule erfunden. Jeder Schüler übernimmt für zwei Jahre eine verantwortungsvolle Aufgaben im Allgemeinwesen.

Mit Kinderwerk, mit alten Menschen, ein ökologisches Projekt, wenn sie können. Das Feld ist sehr sehr breit.

Oder jetzt um Flüchtlinge kümmern. Und und und. Und da lernen sie plötzlich: Ich bin wichtig. Ich zähle. Ich bin garnicht so ein kleines Mäuschen. Ich kann was bewirken, ich kann was tun.

Diese Selbstwirksamkeit, die man braucht, um dieses Vertrauen in sich zu haben. Und das verbunden mit: ‘Du kriegst strahlende Augen zurück.’ Es gibt so viele Geschichten, die die Kinder mir auch erzählen.

Die Lehrer haben auch Verantwortung. Die Kinder, die sie coachen gehen sie auch besuchen, und haben manchmal ganz andere Kinder am Ende! Plötzlich sind da ganz andere Potentiale, die entfaltet werden!

Und dann kommt davon die Steigerung, die heisst ‘Herausforderung’.

In Klasse 8, 9 und 10. Drei mal. Da schicken wir sie drei Wochen hinaus in die Welt ausgestattet mit 150 Euro.

Die meisten gehen in Gruppen, sie können aber auch alleine gehen. Da geht immer jemand mit, der über 18 ist.

Und darüber gibts Kooperationen mit vier Universitäten.

Die wollen angehende Lehrer haben und kriegen Sozialarbeiter und angehende Erzieher, weil die nämlich an der Uni immernoch nicht das kriegen, was sie eigentlich brauchen. Wie tickt eine Gruppe? In Verbindung gehen. In die Mentoringrolle gehen. Selber eine Herausforderung meistern.

Noch nie eine Herausforderung mit so pubertierenden Kindern gehabt, unterwegs zu sein, sich zurückzuhalten. Und überhaupt zu erleben, was die alles können. Was alles an Potentialen in denen steckt.

Diese Erfahrung läßt einen dann glauben.

Sagen wir mal ein Beispiel: Drei Mädchen gehen zu Fuß von Berlin nach Hamburg. Haben sich da eine Suppenküche organisiert und kommen mit dem Zug zurück. Sie wissen nie, wo sie abends schlafen. Müssen anklingeln. ‘Hallo, können wir in Ihrem Garten zelten?’ ‘Können wir was dafür tun?’

Da entstehen die tollsten Sachen daraus. Und die kommen nach Hause und sagen: ‘Ich hätte nie gedacht, wie freundlich die Menschen sind.’ Erst haben sie Angst zu klingeln, schicken sie mal einen anderen vor. Am Schluss streiten Sie sich, wer geht klingeln. Und sie kommen einfach erwachsen und ganz anders wieder. Und sie kommen auch wieder mit hoher Wertschätzung für das, was sie haben. Wer drei Wochen keine Dusche hatte, in Schweden, mit Wasser aus dem Fluss und Kernseife, ökologisch abbaubar. Da haben sie erzählt, da stehen einem so die Haare ab. Und dann ist man auch froh, man hat eine Toilette und Mutter, die kocht. Und Kühlschrank macht man auf und dann ist auch was drin.

Also da lernen die alles, was man so braucht, an Entrepreneurship Qualitäten.

Risikobereitschaft. Umgehen mit Unsicherheiten. Sie scheitern ja permanent.

Erst ist alles super vorbereitet und spätestens nach zwei Tagen läuft das Ding nicht nach Plan und dann müssen die Entscheidungen treffen und sie lernen eben auch mit Veränderungen umzugehen.

[Videointerview mit einem Schüler, Zitat folgt]

‘Es war wirklich anstrengend. Wir haben acht Stunden am Tag geprobt. Ich wollte einfach nicht Gitarre spielen. Und nach zwei Wochen hab ich mir gesagt: Ok, ich kann das, ich spiel jetzt einfach Gitarre, weil die Band das braucht. Weil ich das brauche, weil ich dann was ändere. Und das läßt einen erkennen: Ich kann sozusagen über meine Grenzen hinaus und auch noch weiter. Es war unglaublich mit dieser Gruppe zusammenzukommen. Wir waren zu neunt. Und wir sind danach zu einer Gruppe zusammengeschweisst, zu einer Band. Ich kann es nicht beschreiben was, was alles so toll war, wie die Praxis. Es ist seit dem wirklich wie ein Auffordern zu Leben. Es ist kein pures sich Abrasten. Sondern, wie lebst Du miteinander?’

Es gibt viele Beispiele für Formate, was man an der Schule alles machen kann.

Wir hatten über die Herausforderungen zum Beispiel einen vierzehnseitigen Bericht in der Süddeutschen Magazin Wochenendbeilage. Und jetzt weiss ich von zehn Schulen, die das übernommen haben. Es tröpfelt alles so rein.

Wir haben sehr viel Besuch, wir haben sehr viel Interesse.

Wir setzen Schüler auf Lehrerfortbildungen und Schulleiterfortbildungen ein.

Wir haben auch ein Projekt ‘Schüler coachen Manager’, weil unsere Schüler sich total auskennen in der Wandelkultur.

Sie leben in einer sich wandelnden Schule und haben aber gleichzeitig über die Aussenwelt dann immer die Gespräche mit ihren Freunden: ‘Lernst Du denn da überhaupt was? Kann doch garnicht sein! Machst doch den ganzen Tag Projekt, was haste denn da gelernt?!’ Also die kriegen dann alles mit und kriegen auch mit, wir entwickeln uns ja auch dauernd weiter.

Wir sind gerade dabei komplett die Oberstufe neu zu denken, die hat kaum noch was mit Schule zu tun. Und haben die Hälfte durchgebracht beim Senat und beziehen wieder andere Schulen mit ein.

Das Schulfach Herausforderung geht in der Oberstufe so weiter, dass sie in der Klasse 11 alle drei Monate in eine selbstgewählte soziale oder ökologische Aufgabe eingebunden werden in einem anderen Land, kann England sein, kann Polen sein, oder sonstwo.

[…]

Weil die Frage ja auch noch war: ‘Gibt es so etwas wie einen Entrepreneurship Summit für Schulen?’

Meine Antwort: Ich habe zwei Bücher geschrieben zur Verbreitung. Und ich habe mit dem Gerald Hüther zusammen eine Initiative gegründet, die heisst Schule im Aufbruch.

Und wir vernetzen und wir inspirieren in der Breite. Wir haben ein bundesweites Netzwerk.

Die Initiative gibt es inzwischen auch in Österreich. In Deutschland sind auch einzelne Regionen unterwegs.

Die Seite ist sehr sehr aussagekräftig, wen das interessiert, da können Sie sich ganz viel holen.”

Damit schliesst Frau Rasfeld ihren Vortrag und Herr Herz merkt zum Thema Aufbruch in Kitas an:

“In den Kitas gibt es mehr Aufbruch, als in den 40 Tausend allgemeinbildenden Schulen in Deutschland. Aber im Kita Bereich sind die Vorgaben und Aussenerwartungen sehr viel geringer. Deswegen sind die Chance der Realisierung von Initiativen Eltern und Initiativen Erzieherinnen und Erziehern sehr viel größer als im deutschen, verwalteten Schulsystem.”

Den größten Überblick über innovative Kitas in Deutschland hat laut Herrn Herz das Deutsche Jugendinstitut in München.

Frau Heuer von der Futurepreneur e.V. ergänzt in der Folge:

“Weil noch nicht alle Schulen so toll sind, wie diese Schule von Frau Rasfeld. Und schon Lehrer grundsätzlich wahnsinnig viel zu tun haben, und meistens nicht die Kapazität haben, sich in endlos vielen Themen weiterzubilden, machen wir das so, dass wir in die Schulen rein gehen als ein ausserschulischer Lernraum.

Wir sind keine Lehrer, wir haben alle Wirtschaftshintergrund und sind eben authentisch aus der Wirtschaft.

Und wir trainieren mit den Schülern genau diese Entrepreneurial Skills und liefern damit vorqualifizierte Jugendliche zurück, die eben motiviert sind, in der Schule Projekte umzusetzen.

Und wir besprechen dann mit den Schulen, wo sind diese Felder sind, das kann alles mögliche sein: das kann Herausforderungen bewältigen sein, das kann ein Sanitäterteam sein oder ein Medienteam.

Je nach dem wo die Gestaltungsspielräume sind an diesen Schulen, wo diese Schüler, die mit Unternehmergeist gezündet sind und mit Entrepreneurial Skills trainiert sind, wo können die sich einbringen.

Wir hoffen es damit den Schulen etwas leichter zu machen, die noch nicht ganz so fortschrittlich sind.”

Dann merkt ein Zuhörer an: “Ich habe Sie, Frau Rasfeld, letztes Jahr kennengelernt auf Youtube und war extrem begeistert. Und gleichzeitig habe ich mich geärgert, weil meine Tochter 13 ist und das verpasst.”

Frau Rasfeld weist auf die vor kurzem von den Vereinten Nationen verabschiedeten Globalen Ziele.

Als sie kürzlich in Österreich war, hat sie sich ausserdem das Schulgesetz angeschaut und da stand: “Schulen sollen sich befassen mit den grossen Fragen der Menschheit.”

Und noch einen interessanten Einblick in den kafkaesken Verwaltungsapparat der Kultusministerien gibt Frau Rasfeld: “Die Kultusminister haben vor zwei Jahren beschlossen, nur noch Zentralisierung auf dem Schirm zu haben. Bis ins Kleinste wird das Abitur vereinheitlicht bei der grossen Aufgabe Vollindividualisierung [weist auf den Widerspruch mit einer Handbwewgung hin]. Und du kommst da nicht rein, übers Kultusministerium kannst Du nichts verändern. Das ist ein geschlossener Kreis. Da kannst Du auch keinen Antrag stellen, da kannst Du auch kein Projekt reingeben. Obwohl die Kultusminister können eins mitbringen und verhandeln ohne Protokoll, Du hast null Einsicht. Und 75% müssen für etwas sein, damit es überhaupt angegangen wird.

Und wir mit unserer Oberstufe, neue-oberstufe.berlin heisst die Webseite, haben gedacht, ein Leistungskurs muss ja so und so strukturiert sein. Wir haben gar kein Gesetz gefunden! Wir haben nach Gesetzen gesucht, die es gar nicht gibt! Das war total spannend. Da ist mehr Freiheit drin, als man denkt. Die Transformation kommt aus der Zivilgesellschaft kommen und wir sind noch nicht in der Aufklärung angekommen. Wir sind voller Angst. Deswegen ist mein Motto der Mut.”

Und vor dem Fenster neigt sich der Tag seinem Ende zu an einem Sonntag im Herbst in Berlin. Und die toten Blätter werden sogar auf dem Campus der Freien Universität vom Wind recht unfrei herumgewirbelt.

Und morgen sitzen die jungen Menschen im Frühling ihres Lebens wieder vor ihren ‘von oben’ kommenden Problemen. Und die meisten, wie seit 150 Jahren schon, in Reih und Glied und wenns geht bitte still und regungslos. Als wären sie tote Blätter im Herbst, die alle 45 Minuten eine Windböe erfasst. Ob der Wind den Blättern wohl auch Angst einjagt, wie es mit den Kindern in der Schule passiert, wenn sich ihre Kreativität regt?

Und Herr Herz schliesst drinnen die zukunftsweisende Debatte mit den folgenden Kernsätzen: “Das eine heisst: Be the change you want to see in the world. Ich zitiere von Mahatma Gandhi. Du selbst musst die Veränderung sein, die Du in der Welt sehen willst. Wenn Du sie nicht bist, ist die Wahrscheinlichkeit geringer, dass es sie gibt. Insofern ist für mich das eine der grossen Botschaften.

Wenn wir nicht anfangen Anderes zu machen, in anderer Weise, mit den entscheidenden gesellschaftlichen Zielen, bleibt der alte Scheiss ziemlich beharrlich bestehen.

Man kann die ganzen Hüther’schen und sonstigen Hirnforscher Weisheiten in einen einfacher Satz zusammenschliessen:

Lernen geht über die gute Erfahrung.

Und da sind die zwei Worte entscheidend: Die Gute, und die Erfahrung.

Das heisst Machen, Erleben, und dann daraus etwas an Erkenntnis gewinnen. Nicht durch Belehrung.

Also ist es unser aller Aufgabe, gute Erfahrungen zu organisieren. Und das kenn jeder in seinem Bereich.

Also behelligen Sie die Leute durch die Angebote, die Sie für Ihre Kinder attraktiv fänden. Dann vermehren sich diese Angebote.

Und die Gesamtzusammenfassung ist ein einfacher Satz: Die Aufgabe der Schulen ist es, das Gelingen zu organisieren und nicht das Mislingen zu dokumentieren.

Wer wartet, bis die Segnungen von den Obrigkeiten kommen, wird lange warten müssen. Fangen wir an.”

[Transkript der letzten Session vom 25.10.2015, Freie Universität Berlin, Henry-Ford-Bau, Hörsaal C, mit Kerstin Heuer von Futurepreneur e.V. und Margret Rasfeld von der evangelischen Schule Berlin Mitte

Leitung: Otto Herz, Reformpädagoge]

ps. Youtube Kurzfilm “Modern Educayshun”