Dr. Titus Gebel im Interview zu Rohstoffkreisläufen und privaten Städten

… als politikfreie Dienstleistungsunternehmen.

Interview:

Dr. Titus Gebel im Interview zu Rohstoffen in der Kreislaufwirtschaft from Resumer on Vimeo.

MP3 dieses Interviews hier

Links:

Deutsche Rohstoff AG

Mountain Pass Mine

Lynas Mine

Buch “Freie Privatstädte”

Freeprivatecities.com

Transkript:

TG: Mein Name ist Titus Gebel, ich bin von der Ausbildung her Jurist, war auch die ersten Jahre nach meiner Zeit an der Universität als Rechtsanwalt tätig. Das hat mir dann aber nicht so zugesagt, dass ich das den Rest meines Lebens machen wollte. Bin dann in die Wirtschaft gegangen und über ein paar Stationen, Biotech, Venture Capital, dann zum Thema Rohstoffe gekommen. Das war 2004, das hat mir sehr sehr gut gefallen und ich hab dann 2006 mit einem Partner, dem Thomas Gutschlag, der jetzt der CEO ist der Deutsche Rohstoff AG, die Firma gegründet. Thomas Gutschlag war früher Direktor bei der deutschen Börse, er war der Erfinder des Neuen Marktes, wenn das manchem vielleicht noch was sagt. Und wir haben die Firma gegründet mit damals glaube ich 400.000 EUR und die hat jetzt einen Börsenwert von 130 Mio., also war schon eine große Erfolgsgeschichte. 2010 an die Börse gegangen in Frankfurt und haben in Australien Gold und Silber gefördert, Wolfram, Molybdän, Öl und Gas, und irgendwann hab ich dann entschieden, ok, mir reicht das jetzt und bin Ende 2014 sozusagen in den Ruhestand gegangen.

RE: Eine Kreislaufwirtschaft mit geschlossenen Rohstoffkreisläufen - aus Ihrer Sicht möglich?

TG: Zu 100 % ist das auf keinen Fall möglich. Es ist natürlich technisch möglich, aber wenn Sie eine 100 % Recyclingquote haben wollen müssen Sie ja im Grunde, wenn Sie ein Handy nehmen, um dort alle Metalle, das sind ja oft Legierungen, um die wieder rauszukriegen, das ist ein unglaublicher Aufwand. Das heisst Sie müssen einen riesigen Energieeinsatz haben. Das steht überhaupt in gar keinem Verhältnis. Das ist wirtschaftlich völlig unsinning und vormutlich auch ökologisch unsinnig, sowas zu machen. Aus meiner Sicht, selbst technisch wird das schwierig, eine hundertprozentige Recyclingquote, wobei ich das nicht ausschliessen will. Wirtschaftlich ist das vollkommen ausgeschlossen.

RE: Wenn es technisch möglich werden sollte, durch neue Verfahren, durch neue Technologie, rein bilanziell betrachtet: Gibt es genug Lithium und Kupfer für eine allgemeine Elektromobilität, also flächendeckend?

TG: Ja, also das Thema, dass irgendwelche Rohstoffe zur Neige gehen, das begleitet uns ja jetzt schon seit dem Club of Rome mit deren Fehlprognose, dass es 1990 kein Zink mehr geben wird und so weiter. Diese Prognosen, die sind deshalb alle vollkommen verfehlt, weil wir ja auf einer Erdkruste leben, die aus Mineralen und Metallen besteht. Wir leben ja quasi auf den Rohstoffen. Die sind natürlich an den meisten Stellen nur in sehr sehr geringer Konzentration vorhanden, also nicht abbauwürdig, wie man so schön sagt. Auf der anderen Seite ist die reine Menge natürlich gewaltig, denn letztendlich wird das über den Preis aufgelöst. Also wenn Sie jetzt beispielsweise heute in einer grossen Kupfertagebaulagerstätte, da ist glaube ich so der normale Cutoff, oder die Bauwürdigkeitsgrenze bei 0,3 % Kupfer. Wenn der Preis sich jetzt um sagen wir mal 50 % steigert, dann lohnen sich auch Lagerstätten mit 0,2 %. Nun, zwischen Lagerstätten mit 0,3 und 0,2 % ist jetzt aber nicht so, dass es da nur ein paar mehr gibt, sondern es gibt exponentiell mehr. Und das nähert sich dann immer mehr der Normalverteilung an, von Kupfer das überall auf der Erde im Gestein ist. Von daher ist es ausschliesslich eine Frage des Preises.

Mir ist aus der Vergangenheit auch nicht bekannt, dass die Bronzezeit, die Eisenzeit oder die Steinzeit deshalb zuende gingen, weil die Rohstoffe, die den Namen gegeben haben, ausgegangen sind. Sondern es ist einfach so, man hat neue Technologien entwickelt, man hat das substituiert durch andere Materialien. Wir hatten auch damals, ich war ja selbst dabei, ich glaube es war 2007, die grosse Seltenerdenknappheit, wo die Preise sich verzehnfacht haben. Da ist dann folgendes passiert: man hat dann sofort gesehen, wie der Markt reagiert, nämlich durch Substitution, durch Einsparung und natürlich durch Aufschliessen neuer Lagerstätten. Und so wird es in allen Fällen auch sein. Es ist also ausschliesslich eine Frage des Preises, nicht der physischen Verfügbarkeit.

RE: Sie haben seltene Erden genannt, wir haben Neodymium für Windkraftanlagen ganz wichtig. Auch dafür gilt diese Aussage, dass es nur eine Frage des Preises wäre?

TG: Ja, die gilt für alles. Seltene Erden sind, und ich kenne mich insofern damit ganz gut aus, weil selber mit der Deutschen Rohstoff AG in dem Feld drin waren, die jetzt auch übrigens ein hoch interessantes Projekt hat, die Ceritech AG, eine Tochterfirma der Deutschen Rohstoff AG, die in Brasilien quasi aus Gipsabfällen die seltenen Erden extrahieren will. Warum macht man das? Der Abbau von seltenen Erden ist sehr kostspielig, weil die kommen immer zusammen vor. Neodym ist ja nur eines von 15 oder 16 Elementen, ich weiss es nicht mehr genau, so ungefähr die Größenordnung. Und da ist es so, dass ungefähr 50 % von dem Zeug ist dann Cer, was keiner haben will. Sie fördern also eine ganze Menge Sachen, die niemand braucht, oder wo es wirklich nur einen lausigen Preis dafür gibt, um an das wenige teure Neodym zu kommen. Das macht die ganze Sache teuer. Und wenn Sie jetzt ein neues Verfahren haben, wo sie sich den Abbau sparen und das gleiche extrahieren können, aus bereits abgebauten Dingen, ist das kein Problem. Seltene Erden selber sind nicht selten, die gibt es relativ in Hülle und Fülle. Aber, wie gesagt, der Abbau und die Trennung ist immer schwierig und kostspielig. Und deshalb sind auch die, ich meine man kann das jetzt sagen, es gab ja im Westen grosse Projekte, nicht wahr: also die Mountain Pass Mine in Californien und dann auch Lynas in Australien, die sind ja alle nicht wirtschaftlich.

Da muss der Preis eben nochmal deutlich anziehen, bis dann auch Minen im Westen wirtschaftlich arbeiten können. Aber Sie sehen natürlich daraus, es gibt genug. Wenn nichtmal die jetzt bei der hohen Nachfrage wirtschaftlich sein können heisst das, dass der Preis noch nicht hoch genug ist. Es ist klar natürlich ein bisschen blöd wenn man sagt, man fördert da 16 Seltenerden, um nur eines zu verwenden. Aber es ist ja nicht so, die anderen werden ja auch verwendet. Dann gibt es immer einen Engpass, meinetwegen ist das Neodym, weil das am meisten produziert wird, aber dann produziert man eben mehr Seltenerden und legt das Cer auf Halde. So wird es ja gemacht momentan.

RE: Sie haben gesagt, Sie haben sich aus Ihrer Firma zurückgezogen. Gab es dafür Gründe?

TG: Der Lebensabschnitt war einfach zu Ende, das wiederholte sich dann auch immer, die Hauptversammlungen, das war dann nicht mehr so richtig was Neues, hat mich nicht mehr so gereizt. Es war eine fantastische Zeit, ich meine Sie müssen überlegen, ich war ja Jurist, hab immer nur Papiere produziert, und dann zum ersten Mal richtige Dinge von Wert geschaffen, wir haben ja Gold und Silber abgebaut in Australien. Haben Wolfram und Molybdän in Australien und im Erzgebirge auf Zinn exploriert, auch ganz erfolgreich, und Lithium auch. In USA Öl und Gas gefördert, wir haben zuletzt etwa 10.000 Barrel am Tag gemacht. Ich meine das war eine Gründung von zwei Leuten, die eigentlich mit dem Rohstoffgeschäft ursprünglich nichts zu tun hatten. Also es war schon ein riesen Erfolg. Wie gesagt, es war dann für mich aber irgendwann wiederholte es sich und es kam nichts Neues mehr. Ich hab dann gesagt gut, ich hab jetzt ein grosses Thema, ich war viele Jahre auch politisch engagiert habe aber gesehen, dass da nicht so viel sich bewegt, eine Reform eigentlich nicht möglich ist in Richtung auf mehr Freiheit und Selbstbestimmung, etwas das mir wichtig ist. Und habe dann einfach gesagt, dann muss ich mal in mich gehen und gucken ob man nicht ein Konkurrenzprodukt anbieten kann, so eine Art Sonderverwaltungszone, es nennt sich freie Privatstadt, wo man mit einer Regierung eine Vereinbarung trifft, so eine Art Sonderwirtschaftszone mit speziellen Regeln. Das ist natürlich ein sehr langfristiges Geschäft, aber das sind wir aus dem Bergbau gewohnt.

RE: Das ist dann sozusagen die neue Geschäftsidee?

TG: Wie gesagt ich bin Ende 2014 ausgeschieden bei der Deutschen Rohstoff AG, bin durchaus noch an ein paar Projekten aber auch privat investiert aber mache nicht mehr aktiv im Rohstoffgeschäft Management. Aber ich kümmere mich jetzt um das Thema, und das ist jetzt auch mein Lebensthema bis ans Ende meiner Tage, eben solche freien Städte zu etablieren. Ich habe jetzt gerade ein Buch geschrieben, das jetzt gerade im Druck ist, und das heisst “Freie Privatstädte - Mehr Wettbewerb im wichtigsten Markt der Welt” [inzwischen erschienen mit ISBN-13: 978-3000592898, Anm.d.Red.]. Und da geht es einfach darum, dass es ein Produkt ist und keine Politik. Sie haben einen privaten Dienstleister der gegen ein jährliches Entgelt Ihnen Sicherheit für Leib, Leben, Freiheit und Eigentum bietet. Und Sie zahlen eine bestimmte Summe dafür, und Sie haben einen Vertrag und Sie sehen sich vorher die Regeln an und wenn Ihnen das gefällt dann ziehen Sie dort hin und ich kann den Vertrag als Betreiber nicht einseitig ändern. Ich muss dazu sagen, ich bin 2015 nach Monaco ausgewandert mit meiner Familie. Und im Grunde müssen Sie sich das vorstellen wie ein Monaco für jedermann, eben nicht nur für Reiche. Und Sie ersetzen den Fürst quasi durch ein Privatunternehmen. Der grosse Charme ist, und deshalb habe ich auch sehr viel Zuspruch aus der ganzen Welt und auch einige reale Projekte mit Regierungen, dass Sie als Bürger tatsächlich Kunde sind. Das heisst sie kriegen nicht ständig die Regeln von einer Seite geändert. Das ist unser Problem, was viele glaube ich noch nicht so realisiert haben, dass der Gesellschaftsvertrag von einer Seite permanent geändert wird und wir können nichts dagegen tun. Das ist in so einem Modell anders und ich denke mir vor zehn Jahren hätten die Leute noch gesagt, das ist eine verrückte Geschichte oder so. Aber ich merke jetzt, das ist eben heute nicht mehr so. Von jedem zweiten, mit dem ich darüber spreche kommt die Antwort, ja, da könnte was dran sein, und ja, wir müssen irgendwas tun, irgendwas läuft hier nicht richtig. Dieses Empfinden ist schon da, dass die Politik nicht funktioniert, aus meiner Sicht auch nicht funktionieren kann, weil sie falsche Anreize setzt. Und von daher, ich meine ich habe das im Rohstoffgeschäft ja auch erlebt, das ist ein vollzyklisches Geschäft. Da können Sie nicht zur Regierung rennen und sagen, jetzt ist der Wolframpreis niedrig, ich kann nicht mehr rentabel produzieren. Das passiert nämlich alle 3-4 Jahre. Da müssen Sie sich was ausdenken, da müssen Sie sich was einfallen lassen. Und das führt aber dazu, dass die ganze Branche hocheffizient arbeitet. Und die auch für schlechte Phasen sich Strategien zurechtgelegt haben, wie sie einigermaßen über die Runden kommen, wissend dass auch wieder bessere Zeiten kommen. Da werden viel alertere, wachere und selbstbewusstere Menschen herangezogen in so einem System, das dem Markt ausgesetzt ist. Und wir werden natürlich unsere Kunden versuchen auch bestmöglich zu betreuen und denen auch aufzuzeigen wie soziale Absicherung möglich ist und so weiter, aber am Ende ist doch dann jeder für sich selbst verantwortlich, aber kann das ja auch entscheiden. Er kann das auch entscheiden, ich will nicht selbstverantwortlich sein, ich komme nicht. Also wir machen ein Angebot, und wem das zusagt, der kommt. Jetzt kommt ja immer die Frage, wann gehts los und wo? Ich kann dazu nur sagen wir sind vor allem in Mittelamerika mit einem Land in Verhandlung, es gibt eventuell auch in Europa was, das ist aber noch nicht in trockenen Tüchern, deshalb kann ich da jetzt leider noch keine Namen nennen. Aber wer Interesse hat, kann ja auch die Webseite schauen.

RE: Und die wäre?

TG: Freeprivatecities.com, und dort gibt es auch einen Newsletter, der kommt nicht allzu oft, da wird aber immer gesagt es gibt was Neues. Entweder von uns, meine Firma heisst auch so, Freeprivatecities Inc., oder von Gruppen die ähnliche Ideen haben, da gibt es nämlich mehr auf der Welt. Und wir berichten dann über die Projekte und wer sich dafür interessiert, der kann da mal reinschauen.

RE: Dr. Gebel, vielen Dank für das Interview.

TG: Gern geschehen.