Charles und Chris: Wir benötigen dringend gemeinsame Werte, Zusammenhalt und positive soziale Rollen

Ein Gespräch zwischen Charles und Chris vom 27. Juni 2018

Original Hörbeitrag (Englisch):

Deutsches Transkript:

Chris Martenson: Willkommen zu diesen Peak Prosperity Podcast. Ich bin Ihr Gastgeber, Chris Martenson. Wir schreiben den 27. Juni 2018. Ich habe in letzter Zeit eine Reihe von Stücken geschrieben, die sich etwas ausserhalb dessen bewegen, was ich normalerweise tue, nämlich die Welt durch die ökonomische Linse zu beschreiben. In letzter Zeit habe ich eine Reihe von Stücken geschrieben, genauer waren es drei. Davon ist eines vollständig veröffentlicht und dieses Stück heißt Facing Our (Horrible) Future. Diese ist wirklich nur auf die Extrapolation der Trends eingegangen, mit denen wir gerade konfrontiert sind. Wenn wir diese weiterführen und bis 2040 hinausgehen und dann zurückblicken würden, wären wir dann stolz auf uns selbst oder würden wir etwas bereuen? Nun, wenn wir die gesamte Megafauna der Welt verlieren und unsere Ökosysteme zerstören würden, könnten wir möglicherweise mit viel Bedauern zurückblicken. Das war der Gegenstand dieses Stückes. Es hat wirklich eine Menge Resonanz erfahren, es fand weite Verbreitung und ich habe eine Menge Feedback dazu erhalten. Dadurch ermutigt, schrieb ich ein weiteres Stück mit dem Titel The End of Growth, das die Notwendigkeit betrachtet, dass wir uns dieser Tatsache stellen müssen. Wachstum kann nicht unendlich sein. Das scheint eine sehr offensichtliche Aussage zu sein. Dennoch ist dies immer noch ziemlich umstritten in manchen Kreisen. Und dann gab es einen Off The Cuff Podcast, den ich für meine Abonnenten total informell aufgenommen habe. Ich tauchte ab in das Betrachten der Demoralisierung, wie sie die Leute berichten, und ihre Gefühle von Isolation und Trennung, und ich habe angefangen, einige Punkte um diese Geschichte mit Linien zu verbinden. Und das möchte ich heute fortsetzen. Wir werden heute einen wahrlich erstaunlichen Podcast haben. Ich habe heute Charles Hugh Smith bei mir. Sie kennen ihn als Herausgeber des Of Two Minds-Blogs, als Autor zahlreicher Bücher und manchmal auch als Redakteur bei Peak Prosperity. Charles, willkommen in der Sendung.

Charles Smith: Danke, Chris. Nun, ich war sehr erfreut über das Engagement der Peak Prosperity Community in Deinem letzten Beitrag, den zweiteiligen Essays und Deinem Off The Cuff, A New Framework for the Future. Als Teilnehmer bin ich sehr daran interessiert, Deine Zusammenfassung des Feedbacks und der Diskussionen zu hören, die Dein Off The Cuff in der Community ausgelöst hat.

Chris Martenson: Nun ja, hier ist eine Art, wie ich es messe: Wenn Menschen, die sich registriert und/oder seit vielen Jahren meinen Blog abonniert haben, endlich auf Sendung gehen und vielleicht ihren ersten Kommentar abgeben, oder vielleicht ihren zehnten in einem Jahr. Ich messe es an den Menschen, die sich normalerweise nicht aktiv in der kommentierenden Gemeinschaft engagieren. Dieses Mal sagten die Leute: “Hey, das hier hat wirklich ins Schwarze getroffen.” “Der hier ist wirklich gut angekommen.” “Das fühlt sich richtig an, auch wenn es sich nicht gut anfühlt, darüber nachzudenken.” Wenn ich sie zusammenfassen wollte, denke ich, dass es wirklich das ist, was ich messe. Nochmal, ich könnte der Typ sein, der gerade einen Prius gekauft hat und alles was ich sehe sind Priuse auf der Straße, richtig? Aber trotz meiner Bestätigungsvorurteile merke ich, dass sich immer mehr Menschen sehr isoliert, sehr besorgt und sehr unverbunden fühlen. Das steht in krassem Gegensatz zu dem, was ich die Wirtschaftspropaganda nennen werde, die sich da draußen abspielt. Die Geschichte der Wirtschaftspropaganda ist: “Hey, es ist alles gut”, Mehrjahrestiefststände bei der Inanspruchnahme von Arbeitslosengeld und der Arbeitslosigkeit selbst, aber die Wahrheit ist, die Menschen fühlen sich wirklich gestresst, wirklich unglücklich. Ernsthaft, in vielen Fällen wird wahrgenommen, dass mit der Geschichte etwas nicht stimmt und ich denke, um das zu verstehen, warum die Geschichte so falsch ist, musst du, also nicht nur Du, Charles, sondern wir alle, also was jeder von uns tun muss, ist dieses größere Bild zu sehen und zu verstehen, dass Demoralisierung geschieht, wenn die eigene kognitive Karte nicht mehr der Realität entspricht [d.i. kognitive Dissonanz]

Wenn man nicht mehr das Gefühl hat, noch Hoffnung zu haben. Oder es läuft etwas zutiefst falsch in einer Geschichte. Immer mehr Menschen berichten das. Ich denke das macht auch Sinn, wenn man nur verfolgt, was ökologisch geschieht. Sie sagen: “Warum sollte ich mich für eine große Karriere begeistern, wenn die ganze Welt sowieso…?” Wenn das mein Standpunkt ist, also wenn ich den Standpunkt vertrete, dass die ganze Welt zerstört werden könnte, dann ist es wirklich schwierig sich daran auch noch begeistert zu beteiligen. Das könnte eine Erklärung sein, nach der wir suchen sollten. Wir könnten diesen Zauberwürfel drehen und sagen: “Nun, was wirtschaftlich passiert ist, ist eine Frage der Politik in den Vereinigten Staaten und anderswo in der westlichen Welt.” Den sehr, sehr Reichen wurde von den Zentralbanken im wesentlichen kosten- und risikofreies Vermögen übergeben. Natürlich schaffen sie kein Vermögen. Sie verteilen es nur neu. Sie nahmen es von allen und gaben es den Wenigen. Und vielleicht findet man das etwas ungerecht und irgendwie beunruhigend. Wie auch immer wir das sehen wollen, das ist es, worauf ich in dieser Serie versucht habe hinzuweisen. Ich glaube, die Leute antworten und sagen: “Guter Hinweis. Das war echt gut.” Deshalb möchte wirklich mit Dir, Charles, diese Phase der Problemdefinition besprechen. Sie ist angebrochen, aber sie ist noch nicht in der Umsetzung. Und das war das Hauptargument in dem Off The Cuff Beitrag: Solange wir kein Narrativ haben, keinen Handlungsrahmen, dem wir folgen können, hilft es nicht, auf diese Demoralisierung hinzuweisen. Letzteres könnte ohne sogar rücksichtslos sein. Das ist wirklich die Richtung, die ich diesem Gespräch heute geben möchte. Okay, was können wir angesichts der Probleme, die wir in der Welt sehen, tun? Was sollten wir tun? Und wie kann ich mich persönlich daran beteiligen?

Charles Smith: Ja. Es gibt so viele Dinge, die ich über Deinen Off the Cuff Beitrag sagen möchte. Aber fangen wir hiermit an, weil ich denke, das ist elementar. Mein Kommentar zu diesem Beitrag, der mit sehr wichtigen, aussagekräftigen und langen Kommentaren von anderen Leuten aus dem Publikum gefüllt war - ich meine, es war bemerkenswert und ich war wie ein Schwamm, der all diese Einsichten und persönlichen Erfahrungen der Menschen, aufsaugte - aber ich schätze, das hier war die Hauptsache, zu der ich versuchte habe zu kommentieren: Warum wir so geschwächt und demoralisiert sind, liegt meiner Meinung nach zum Teil daran, dass wir so viele Möglichkeiten verloren haben, die es vor einigen Jahrzehnten für soziales Engagement noch gab. Mit anderen Worten, es gab Schichten sozialer Organisation, die nicht von offizieller Seite geführt wurden. Mit nochmal anderen Worten, sie waren nicht wie vom Staat auferlegt. Sie waren Teil des sozialen Gefüges. Das waren soziale Organisationen und Gemeinschaftsgruppen, und dergleichen. Ohne diese Organisationsstruktur ist es sehr schwierig, alleine zu handeln. Es ist wirklich schwer, etwas von Grund auf zu organisieren. Es wird zu einer großen Anstrengung.

Chris Martenson: Genau.

Charles Smith: Die Lernkurve und alles ist einfach gigantisch. Und man trifft auf viele seltsame Leute. Ich meine, ich habe die ganze Sache mitgemacht. Okay. Ich bin beigetreten. Ich habe beigetragen. Ich habe versucht, Neues anzufangen. Neues anzufangen ist wie zwei Größenordnungen schwieriger, als etwas zu verbinden, das bereits funktioniert. Ich möchte etwas dazu sagen, was eine Organisation funktionieren lässt: Erstens gibt es positive soziale Rollen für die Menschen, die sich ihr anschließen. Mit anderen Worten, man könnten arbeitslos werden. Man könnte an einem Tiefpunkt in der eigenen Familiengeschichte sein. Man könnte eine Menge Dinge in seinem Leben falsch gemacht haben. Aber wenn sie zu diesem Organisationstreffen kommen, leben die Menschen auf: “Hey, Du bist hier. Wir brauchen Dich. Dein Beitrag ist wichtig. Schaue Dir an, was wir diese Woche in unserem Projekt schon erreicht haben.” Es macht einen enormen Unterschied im Leben der Menschen. Und die Demoralisierung verschwindet, zumindest während man in einer Gruppe mit positiven sozialen Rollen teilnimmt.

Chris Martenson: Es war interessant auf dieser Konferenz letztens, an der ich teilgenommen habe, um über die Zukunft der Arbeit zu sprechen. Ein sehr vielfältiges Publikum nahm dort an dieser Übung teil, vier von ihnen waren hochrangige Ex-Militärs. Sie hatten sehr interessante Rollen. Einer war früher unter anderem Biochemiker für die Armee. Sie alle berichteten von der gleichen Sache, von der Sebastian Junger in Tribe [ISBN-13: 978-0008168216] sprach, die Du gerade ansprichst. Damals, als sie beim Militär waren - und das waren alles Ex-Militärs - war klar, was ihre Rollen waren, wie sie reinpassen, was von ihnen erwartet wurde. Sie hatten auch einen wirklichen Sinn; eine Frau sprach über ihre Erfahrungen in der Armee. Sie sagte: “In der Armee würden sie dich in eine neue Rolle bringen und erwarten, dass du einfach diese neue Rolle annimmst.” Sie hatte all diese verschiedenen Rollen in ihrem Leben, von der Personalabteilung über die Logistik bis hin zur Biochemie. Egal welche Aufgabe, sie sagten: “Hier, mach mal.” Alle berichteten für sich selbst und für Menschen, die sie kannten, die auch Teil des Militärs waren früher. Nämlich derselbe extrem harte Übergang, um in die zivilgesellschaftliche Kultur in den Vereinigten Staaten zurückzukehren und irgendetwas zu finden, was Sinn und Zweck hatte; einschließlich einer Geschichte über einen Gentleman, ein hochrangiges Mitglied einer Spezialeinheit. Er kommt raus und hat all diese außergewöhnliche Talente und Fähigkeiten. Jetzt hat er einen wirklich guten Job im Vertrieb. Aber er berichtet seinem Freund davon und sagt: “Ja. Das hat nur keinen Sinn hier. Ich verdiene zwar Geld, aber das hier? Ich verstehe das nicht, das hat keinen Sinn, oder?” Ich denke, das ist es, worauf Du hier hinauswillst. Das heißt, wenn man diese soziale Struktur hätte - wo auch immer man sie findet, sagen wir in einem Rotary Club, einem Elch-Club oder einer Bowling-Liga - solange sie einen Sinn hat, hat sie auch Bedeutung. Sie hat einen Zweck. Genau das könnten wir durch unser Engagement erhalten. Im Moment würde ich basierend auf den Statistiken, die ich mir ansehe, sagen, dass das soziale Engagement auf einem Mehrgenerationentief ist. Wenn ich schaue, egal ob es nun der Kirchenbesuch ist oder nehmen wir diese verschiedenen Clubs, wie ich schon sagte, Rotary und so weiter. Sie alle berichten derzeit von rückläufigen Teilnehmerzahlen, soweit ich weiss.

Charles Smith: Richtig. Viele Leute haben versucht zu erforschen, warum das so ist. Ich meine, das berühmte Buch Bowling Alone von Putnam [ISBN-13: 978-0743203043]. Es gab auch andere Kommentatoren, die Einsichten zu diesem Thema beitrugen. Ich denke, meiner persönlichen Meinung nach ist der stärkste Trend: die öffentliche Verwaltung ist jetzt alles für alle. Man könnte sagen, sie ist die Einkommensquelle für viele. Ob man arbeitslos ist oder eine Behinderung hat, also indirekt oder direkt: Es scheint, als würde sie für den eignen Lebensunterhalt aufkommen. Sie sagt einem auch, wie man zu leben hat und was zu tun ist. Alles kommt jetzt durch die öffentliche Hand. Mit anderen Worten, wenn man will, dass etwas getan wird, muss man Einfluss auf die eigene lokale Verwaltung nehmen. In der Vergangenheit, als die Verwaltung einen kleineren Fußabdruck hatte und mit Verwaltung meine ich alle Schichten der Verwaltung, des Bundes, des Landes und der Kommunen. Früher verließen sich die Menschen auf soziale Wohlfahrtsorganisationen. Man ist damals einer sozialen Wohlfahrtsgruppe beigetreten. Und man hat ein bisschen was abgegeben, eine kleine Gebühr gezahlt. Menschen in Not in dieser Organisation erhielten dann diese Gelder. Wenn man dann ein bisschen Pech gehabt hatte, dann konnte man selbst auch darauf zurückgreifen. Wenn wir ein Venn-Diagramm der Interaktion der Menschen in ihrer damaligen Welt machen müssten, ihre Interaktion mit der Verwaltung war im Grunde genommen fast Null. Also ich denke hier an das Ende des 19. Jahrhunderts.

Chris Martenson: Richtig.

Charles Smith: Das goldene Zeitalter, der wirtschaftliche Aufschwung der Eisenbahn, des Bergbaus und der Expansion, usw.; das war eine Zeit des weit verbreiteten Wohlstands zwischen den Abschwüngen, den Expansionen und den Rezessionen. Aber die Interaktion der Menschen mit der öffentlichen Verwaltung war im Grunde Null. Und es gab keine Einkommenssteuer. Die Menschen haben sich wirklich nicht mit dem Gesetz beschäftigt, es sei denn sie waren in irgendeiner Art in offensichtlich kriminellen Aktivitäten involviert. Ansonsten war die öffentliche Hand nicht Teil ihres Lebens. Ihr soziales Engagement galt nur der Gemeinschaft. Jetzt ist es irgendwie umgekehrt. Alle sind zu fast 100 Prozent mit der Verwaltung verbunden. Die Verwaltung dominiert die gesamte Gesellschaftsstruktur. Alle Interaktionen werden von der Verwaltung vermittelt. Anders ausgedrückt: Nehmen wir an man will das Radfahren in der eigenen Stadt erleichtern? Dann muss man den Amtsschimmel reiten. Warum sollte man einem Fahrradclub beitreten? Was ist zu tun? Man muss Einfluss auf die Verwaltung nehmen. Dann müssen wir die Verwaltung um Fördergeld bitten, das im Allgemeinen Geld von irgendeinem anderen Steuerzahler wegnimmt, oder? Oder wir borgen es aus dem Nichts, richtig? Ich denke, wir haben wirklich etwas verzerrt, indem wir viel Kontrolle und das Narrativ durch Menschen zentralisieren haben lassen, die tatsächlich selbstsüchtig sind. Das dient in der Tat nicht der Gemeinschaft. Das dient wirklich nur einigen wenigen. Alle diese zentralisierten Angelegenheiten sind so organisiert, dass sie die Präferenzen weniger Interessenkreise begünstigen. Noch eine Sache, die ich erwähnen wollte. Ich denke, wir sind auch in diese Sache eingewickelt worden, dass wir alle Individuen seien. Wir sind atomisierte Individuen in einer Konsumgesellschaft. Der einzige Weg, wie wir uns engagieren können, ist ein Selfie aufzunehmen und es in den sozialen Medien zu veröffentlichen, richtig? Das, oder wir stellen eine positive Fassade auf. Ich habe dazu diesen tragischen Bericht gelesen. Vielleicht hast Du auch im Boston Globe von dieser Jugendlichen gelesen, die, wie so häufig, aus heiterem Himmel und ohne Warnzeichen Selbstmord begangen hat - und die eine positive Fassade hatte. Mit anderen Worten, es schien ihr in der Schule gut zu gehen, und sie schien glücklich zu sein, und all das. Das ist der Weg, den wir kollektiv als Gesellschaft gehen. Wir stehen unter enormem Druck, eine positive Pressefassade zu errichten, anstatt tatsächlich soziales Engagement zu entwickeln.

Chris Martenson: Ja. Schau, das war jetzt ein Haufen toller Punkte. Lass mich mit der Verwaltungsseite beginnen, dieser Art von Outsourcing. Das erinnert mich an einen anderen Charles, den Charles Eisenstein, den ich vor einiger Zeit interviewt hatte. Er hat ein vollständiges Stück zur Schenkwirtschaft herausgegeben und spricht darüber, wie man einige unserer Probleme anfangen könnte zu beheben, indem wir Dinge finden, für die wir aktuell Geld bezahlen, die wir früher aber kostenlos erhalten haben. Das schliesst die Kinderbetreuung durch die Verwandschaft, und Unterhaltung durch Musik auf der Veranda ein, all sowas, sozusagen um diese Idee zu erkunden. Was wir getan haben, ist, dass wir uns haben atomisiert lassen, isolieren lassen, ja, beides. Zur gleichen Zeit waren die Menschen damit beschäftigt, fröhliche Bilder an Instagram zu schicken und sagten: “Seht euch dieses erstaunliche Essen an, das ich gerade an diesem Strand gegessen habe.” Wie wir aus der Arbeit von Brene Brown [z.B. ISBN-13: 978-0241257401] wissen - sie spricht über Verletzlichkeit, Isolation, Scham, all diese Dinge - und sagt im Grunde, dass der Schlüssel, also der Schlüssel, um wirklich mit anderen Menschen verbunden zu sein, das genaue Gegenteil von der Gestaltung einer solchen Fassade ist: Es geht darum, verwundbar zu sein. Es geht darum, tatsächlich zu teilen. Es geht darum, die Leute wirklich sehen zu lassen, was da drin los ist. Ich denke das war der Grund, warum wir so eine starke Resonanz ausgelöst haben. Danke, dass Du es so schön in den Kommentaren charakterisiert hast. Ich habe dort mein Herz ausgeschüttet. Ich sage hey, ich fühle hier etwas Kummer. Ich halte mich für relativ aufmerksam und mit der Natur verbunden. Ich bin in einem Alter, in dem ich feststelle, dass der Referenzniveauabfall im Vergleich von meiner Kindheit bis heute erstaunlich, erschreckend, extrem schnell stattfindet. Ich bin betrübter deswegen. Ich würde das gerne rückgängig machen. Wenn wir darüber auch noch sprechen könnten… Wir werden zurückkommen auf das “Hey, wir haben alles zu einem Haufen Bürokraten ausgelagert”. Wir wissen, dass wir mehr verbunden sein wollen und wir sind aber weniger verbunden. Charles, wie fangen wir an, das umzukehren? Was sind einige Schritte, die wir hier unternehmen könnten?

Charles Smith: Es gibt keine einfache Lösung, weil ich denke, dass die sozialen Netzwerke, über die wir gesprochen haben, bis zu dem Punkt ausgehöhlt wurden, an dem wir das Wissen verloren haben, wie diese Netzwerke überhaupt funktionieren. Wenn man zu einigen dieser sozialen, diesen traditionellen sozialen Clubs geht, Organisationen wie, sagen wir, der Rotary Club, dann ist das für Geschäftsleute kleiner Unternehmen gedacht. Viele Leute nutzen das als eine Art reales LinkedIn, weil man wird dort all diese anderen Geschäftsleute treffen. Aber das Alter hängt vom Club ab, richtig? Man könnte an einen Ort gehen, an dem viele junge Leute erfolgreich rekrutiert wurden. Aber ich denke im Allgemeinen ist in viele dieser traditionellen sozialen Gruppen die Altersverteilung innerhalb der Generation der Babyboomer angesiedelt. Menschen in ihren 50er, 60er und 70er Jahren sind da Mitglieder. Es gibt nur sehr wenige Menschen in den 20ern. Wenn man unter 40 oder 50 Jahre alt ist, hat man folglich vielleicht keine Erfahrung in irgendeiner sozialen Gruppe, die nicht von einem Unternehmen oder der Verwaltung organisiert wird. Mit anderen Worten, eine unternehmensgeführte Gruppe könnte Weight Watchers sein. Das ist besser als nichts, oder? Ich meine, es ist sehr hilfreich, andere Leute zu treffen, die versuchen Kontrolle über ihre Ernährung und Fitness zu bekommen. Ich möchte Weight Watchers nicht kleinreden. Aber es steht eine Firma mit Gewinnerzielungsabsicht dahinter. Das ist etwas anders als eine Gruppe, die nicht Profit als Hauptmotivator hat. Wie gründet man eine Gruppe? Ich denke, der einzige positive Trend, den ich sehe, also die eine Möglichkeit ist, dass es etwas mit Essen und Gartenarbeit zu tun hat. Mit anderen Worten, es gibt oft eine Gartengruppe oder einen Gemeinschaftsgarten, den jemand in der Verwaltung erlaubt oder geschaffen hat, richtig? Dann kann man da mitmachen. Man könnte sein eigenes kleines Gartengrundstück bekommen. Dann fängt man an, mit anderen Leuten zu interagieren. Oder Essen zu verschenken, das zu viel ist. Es gibt viele Programme, in denen man noch gutes Essen sammelt und es an Menschen in Not verteilt. Es gibt das und die Wochenmärkte. Das ist eines der wenigen Dinge, die ich gesehen habe, die dort entstanden sind, wo sie vorher nicht existierten [d.i. Farmers Markets in Nordamerika]. Jemand hat die Fleissarbeit gemacht und den Wochenmarkt in Gang gebracht. Das sind positive Trends. Was können wir daraus lernen und es auf andere Bereiche unseres Lebens übertragen und versuchen, einige dieser Gemeinschaftsorganisationen wieder aufzubauen? Nur um eines der anderen Themen zu erwähnen, die Du angesprochen hast, nämlich Knappheit und Überfluss, und regenerativ und extraktiv. Ich denke, viel von unserer Demoralisierung und Depression entsteht aus der Tatsache, dass wir tief im Inneren wissen, dass wir nur extrahieren. Wir fügen nicht wirklich etwas hinzu oder regenerieren uns nicht, richtig?

Chris Martenson: Genau.

Charles Smith: Das ist ein grundlegender Punkt. Ich denke, wenn man eine Organisation gründet oder zu den Gründungsmitgliedern gehört und wenn die Leute sofort das Gefühl haben, dass dies regenerativ ist, wird das einen großen Unterschied machen; und auch hinsichtlich der Begeisterung der Leute, die später dazukommen und sich anschließen werden.

Chris Martenson: Sicherlich gibt es eine ganze Bewegung von meist jüngeren Leuten, die zur Kleinstlandwirtschaft zurückkehrt. Wirklich mit der Absicht, zu regenerieren und nicht nur ein Kleinbauer zu sein, der im Grunde genommen [wie im Tagebau] Makro- und Mikronährstoffe abbaut. Sondern wirklich um den Boden zu pflegen und die Kreisläufe und Flüsse aller Nährstoffe zu schließen und zu verbessern, damit es ein Win-Win-Win ist. Ich verdiene damit meinen Lebensunterhalt. Der Boden wird besser. Die Menschen ernähren sich gesünder. Das hat Bedeutung. Das hat wirklich Sinn und Zweck. Es ist kompliziert. Es ist harte Arbeit. Es ist es wert und all das. Ich kann aber auch leicht verstehen, dass man entmutigt werden kann. Ich las diesen Bericht, Charles, über einen Landwirt im Central Valley, wo es nur etwa zehn Zentimeter pro Jahr regnet. Es wird also alles bewässert. Es gibt Salze in der Erde, weil das Bewässerungswasser Spuren von Salzen enthält. Aber mit der Zeit haben sie genug von dem salzigen Wasser verdunsten lassen. Und wer hätte das gedacht, da ist jetzt Salz in der Erde. Dieser Landwirt wusste das, dieser Landwirt in der dritten Generation. Er sagte: “Ich glaube nicht, dass es eine vierte Generation geben wird. Weil mein Opa, mein Vater und ich diesen Boden zerstört haben.” Er wusste das. Er betrieb die Landwirtschaft immernoch. Doch er fühlte sich deswegen entmutigt. Natürlich, stell Dir vor, in einem System gefangen zu sein, von dem Du weisst, dass Du im Grunde die Sache ruinierst, um die Du Dich kümmern solltest. Ich kann mir nichts Demoralisierenderes vorstellen als das. Aber natürlich hat ein Landwirt an vorderster Front diese direkten Einblicke. Es ist schwieriger für die Person, die in einer Wohnung in einer Stadt lebt, diese Art der Verbindung [mit der Natur] zu spüren. Aber wenn man nur die Zeitung aufschlägt, versteht man das. Du bist Teil dieser größeren Sache namens Menschheit. Hier sind die Dinge, die wir tun. Um das zu überwinden, müssen wir wirklich anfangen zu verstehen. Wie kommt es, dass unser Handeln die Dinge weg von der reinen Extraktion hin zur Regeneration bewegt? Zuhören, und Bio-Lebensmittel kaufen und essen, so dass man nicht zu den durch Neonikotinoide verursachten Insektensterben-Armageddon beiträgt, das gerade stattfindet. Das ist eine gute Idee. Die lokalen Bauern zu unterstützen, die auf die Art und Weise arbeiten, die man vielleicht unterstützen möchten, indem man ihre Produkte kauft, auch wenn es teurer ist als das, was man bei Safeway oder bei BIG Y [U.S. Discounterketten] bekommen würde. Ja. Das sind alles Dinge, die man tun kann. Auch indem man seine eigenen [Lebensmittel] anpflanzt. Sogar wenn man nur irgendein Grundstück hat und man gar keinen Garten haben will. Aber man kann die Pflanzen, die im Wesentlichen nichts tun, durch welche ersetzen, die für Vögel und Bestäuber großartig sind. Man kann seine Intelligenz nutzen, um jedes Stück Land viel reichhaltiger zu machen, als es die Natur tun würde, wenn es sich selbst überlassen wird. Denn hey, das ist eine großartige Weise, unsere Intelligenz einzubringen. Wären dies persönliche, einzelne Arten und Weisen, wie jeder durch die eigene Ernährung zur Extraktion oder zur Regeneration beitragen kann?

Charles Smith: Richtig. Ich glaube, mein Gedanke zu diesem ganzen von Dir genannten Kontext lautet: Wenn man kann, dann sollte man die Erfahrung teilen, wie man seinen kleinen Teil zum Gesamtergebnis beiträgt. Mit anderen Worten, anstatt es nur für sich zu behalten…

Chris Martenson: Genau.

Charles Smith: … und es nur im eigenen Garten zu tun, kann man das weitergeben, dann erhält man positives Feedback. Dann ermutigt man andere Menschen, dasselbe zu tun. Da ist dieses soziale Element, das sonst fehlt. Ich möchte darauf übrigens zurückkommen. Es gibt ein paar eingebaute, menschliche Bedingungen oder genetische Narrative, wenn man so will, auf denen wir aufbauen können. Eine davon ist die Familie. Du hast Charles Eisensteins Geschenkökonomie erwähnt vorhin. Wenn man sich etwa die größeren Familiennetzwerke von Großfamilien ansieht. Ich bin mit einem solchen Netzwerk durch die Familie meiner Frau auf Hawaii verbunden, weil das in dieser Kultur so ist. Die Leute neigen dort dazu, an einem Ort zu bleiben. Das heisst diese Familien haben sich nicht unbedingt über die ganzen USA verteilt, wie viele andere Familien auf dem Festland. Aber es ist wie im Überfluss. Man könnte auch sagen, der Baum ist mit Früchten beladen. Du rufst alle deine Cousins und so an, oder Großcousins. Ich meine, wir reden über ein Netzwerk, das sich auf Dutzende und Dutzende von Menschen erstreckt. Dann noch die Freunde, und so gibt man seinen Überfluss weiter. Dann stellen sich diese positiven, sozialen Verbindung ein. Natürlich ist das Feedback, dass sie sich über alles freuen, was man ihnen bieten kann. Dann, wenn sie zu viel hatten, dann gaben sie es ihren Freunden weiter. Dann breitet sich diese Fülle über das Netzwerk aus, und dann werden andere Leute antworten. Wenn jemand einen Topf Chili oder so etwas zuviel gemacht hat, dann rate mal was: Du wirst davon abbekommen. Das Familiennetzwerk ist riesig. Wenn ich mir ansehe, warum unsere Gesellschaft so krank ist. Warum ist sie so krank? Es ist die Umwelt. Aber es ist auch die innere Welt der Menschen. Unsere Kultur ist krank. Es ist, als wäre die Familie auch abgeschrieben und demoralisiert worden. Viele Menschen verstehen sich nicht mit ihren Familien. Sie haben keine familiären Beziehungen. Oder sie sehen ihre Verwandten alle paar Jahre oder so. Natürlich ist es verständlich in der Wirtschaft, wo sich die Menschen ständig bewegen. Man muss für seinen Job umziehen. Oder man muss für die Schulen seiner Kinder umziehen. Oder es gibt ein Dutzend Gründe, warum man weit weg ziehen muss. Dann verliert man seine… Das macht es schwieriger. Das ist ein zentraler Faktor. Dann sind die anderen Themen die Werte und der Glaube. Wir reden nicht über den Glauben, weil das bedeutet, ups, es ist Religion, und das geht über unseren Rahmen hinaus. Man kann nicht darüber reden, ohne dass irgendjemand beleidigt ist. Aber es ist mir gleich, welchen Glauben jemand hat. Es ist einfach ein großer Faktor für die Gemeinschaft und das soziale Engagement. Aus eigener Erfahrung, als ich jünger war, war ich sehr aktiv im American Friends Service Committee, einer Art sozialdienstlichem Arm der Quäker. Diese Erfahrungen waren einfach sehr wichtig für mich. Ich meine, sie waren wirklich wichtig in meinem Leben. Weil man im Glauben mit anderen Menschen handelt. Ich möchte hier Werte mit einschliessen. Weil es viele Künstlergemeinschaften und ähnliches gibt, die einen starken Sinn für Werte haben. Das fungiert als eine Art Ersatz, wenn man so will, für den Glauben. Mit anderen Worten, ein starker Glaube an ein Wertesystem erlaubt es einem, sich um die Dinge zu versammeln. Für Künstler ist es, als ob sie einfach nur einen günstigen Platz zum Leben finden und ihre Kunst mit anderen Menschen teilen, die auch begeistert sind, einfach ihre Kunst zu machen. Das ist das Wertesystem. Ich werde alles andere opfern, um dieses zu unterstützen. Ich weiß nicht, ob ich mich klar genug ausgedrückt habe. Aber ich denke, das sind die Arten von Ankern oder Magneten für soziales Engagement. Stimmt’s?

Chris Martenson: Genau.

Charles Smith: Man muss Vertrauen oder Werte haben. Etwas, das man wirklich wertschätzt und für das man bereit ist, etwas zu opfern. Man findet andere Leute im selben Boot. Du wirst etwas haben, das wirklich aufregend und positiv ist. Alle werden positives Feedback erhalten, wenn sie dazukommen.

Chris Martenson: Das ist eine großartige Reihe von Punkten. Es erinnert mich an ein Gespräch, das ich letztes Jahr mit einem guten Freund von mir hatte, der etwas unkonventionell ist. Er hat eine Menge Burning Man Sachen gemacht, und war an ziemlich experimentellen sozialen Strukturen beteiligt, und so weiter; also eine ziemlich kreative und risikofreudige Art von Person, also aus sozialer Sicht. Er war in einer Vielzahl von sogenannten absichtlichen Gemeinschaften oder Haushalten, absichtlichen Haushalten und so weiter involviert. Das interessiert mich immer sowas. Weil wir diesbezüglich oft von verschiedenen Leuten Fragen gestellt bekommen: “Hey, ich fühle mich, als würde ich gern ein Teil einer Gemeinschaft sein, vielleicht sogar einer absichtlichen. Was sind deren… ? Wonach soll ich suchen?” Er gab mir einen Rat oder eine Beobachtung von ihm. Ich dachte, das kann ich mir wirklich merken. Manchmal passiert das, wenn mir jemand etwas sagt, Charles. Ich weiss dann schon, es geht dann direkt rein. Ich sagte mir: Das ist wichtig. Ich habe ihn also danach gefragt und er sagte: “Die Überlebenschance für einen absichtlichen Haushalt, eine Nachbarschaft und eine Gemeinschaft ist eigentlich ziemlich gering.” In seinen Experimenten und Beobachtungen hatte er entdeckt, dass diese Gemeinschaften, wenn sie sich um Vereinbarungen herum bewegen und organisieren, nie funktionieren. Wir könnten alle sagen: “Wir sind uns alle einig, dass wir die Landwirtschaft für wichtig halten Wir werden einen kleinen Gemeinschaftsgarten haben. Wir werden alle zustimmen, die Küche auf eine bestimmte Weise zu nutzen.” Was auch immer, Sauberkeit oder was auch immer, egal was die Vereinbarungen sind. Er sagte stattdessen, die einzigen, die er gesehen hat, die dauerhaft waren, hatten - und das unterstützt Dein Argument von eben - gemeinsame Werte. Denn eine Vereinbarung ist nur so lange gut, bis die Kacke am Dampfen ist. Und eben dann findet man heraus, ob die Sache wirklich Substanz hat. Wenn man keine gemeinsamen Werte als Unterbau hat, funktioniert es einfach nicht. Als ich mir das ansah, wurde mir klar, dass die wohl widerstandsfähigste Gemeinschaft, die ich je gesehen habe, die Mormonen sind. Adam und ich hatten ein paar Gelegenheiten dazu. Wir waren in Salt Lake City. Wir bekamen die große Tour ihrer riesigen Getreidespeicher, die jeden Mormonen der Welt ein Jahr lang ernähren könnte, wenn nötig. Die Tatsache, dass die Mormonen ihre eigene Widerstandsfähigkeit in jeden ihrer Keller eingebaut haben, Nahrungsreserven und all das. Aber die Sache, die mich wirklich gefesselt hat: Wir wurden zu einem wirklich gut gefüllten und gut sortierten Lebensmittelgeschäft gebracht. Du gehst da rein, und es sind nur Leute, die Karren herumschieben, und andere, die sich einfach Sachen schnappen, und das alles. Aber was passierte da? Es war kein Geld im Spiel. Das waren alles Menschen, die in Schwierigkeiten gekommen waren. Sie gingen mit einem Zettel vom Bischof der Gemeinde in den Laden. Es war nur ein Stück Papier, auf dem stand, dass diese Person Lebensmittel braucht. Sie gaben den Zettel ab und liefen einfach herum, füllten ihre Wagen auf und gingen hinaus. Wo kamen die ganzen Lebensmittel her? Im Wertesystem der Mormonen gibt jeder eine Mahlzeit pro Woche ab. Sagen wir, es ist Mittagessen, Freitag. Sie lassen es ausfallen. Dann wird das, was sie das Essen gekostet hätte, ob sie nun auswärts essen oder es selbst zubereiten, sie berechnen das und stecken ein paar Dollar und ein paar Münzen in einen kleinen Umschlag. Der wird dann eingesammelt und so sammelt sich das ganze Geld und finanziert diesen Laden. So verlassen sie sich nicht auf die öffentliche Verwaltung. Sie kümmern sich selbst um die eigenen Leute. Wenn man weiss, dass man Teil eines sozialen Netzwerks ist; und wenn man gerade wenig Glück hat und man braucht Unterstützung bei den Lebensmitteln, dann geht man hin und lässt sie wissen, dass man zu einem zukünftigen Punkt wieder zu diesem System beitragen wird. Man wird also eingebunden. Sie hatten ein Wertesystem, das sagte: “Das ist uns wichtig genug, dass wir jede Woche eine Mahlzeit dafür aufgeben. Wir werden so dazu beitragen.” Das ist der Grund, warum das funktioniert, richtig? Weil sie den gemeinsamen Wert haben. Das führt zu einem großen sozialen Zusammenhalt. Es wird alles von Freiwilligen gemacht. Ich war hin und weg als ich das gesehen habe. Ich war sogar neidisch darauf. Für mich war das absolut cool. Es war ein großartiges Beispiel.

Charles Smith: Ja. Zu Deinem Argument zu den Schwierigkeiten in absichtlichen Gemeinschaften. Ich hatte einen Trend namens Co-Housing entdeckt, der in den späten 80er Jahren, als ich darüber schrieb, ziemlich neu war. Da war dieses Pärchen, ein amerikanisches Ehepaar, das Dänemark besucht hatte, wo Co-Housing ein langfristiger Trend ist. Sie waren dorthin gegangen, um genau zu erfahren, wie es funktionierte. Sie brachten das Modell zurück in die USA und begannen es in der Bay Area hier und in Kalifornien umzusetzen. Ich wurde sehr neugierig und entdeckte, dass es aus dem gleichen Grund ist, den Du gerade beschrieben hast: Es reduziert sich oft zu einer Art minimaler Partizipation. Mit anderen Worten, die Menschen sind idealistisch. Sie können Ideale haben, die sie als Ausdruck ihrer Werte empfinden. Aber ihre Werte kommen nur durch das zum Ausdruck, wofür sie sich opfern. Ich denke, das ist eines der Dinge, die in Sebastian Junger’s Buch stehen, das Du vorhin erwähnt hast. Der Kern hier zu dem Teil der mormonischen Lebensmittelbank, den Du beschrieben hast: Man opfert etwas. Man opfert eine Mahlzeit. Man hat für ein paar Stunden Hunger. Du nimmst ein paar Dollar aus der Tasche. So finanziert man das. In unserer Gesellschaft sind wir krank, weil Bequemlichkeit unser neuer Gott ist. Bequemlichkeit ist unsere Religion. Das ist unsere Vorstellung von Fortschritt. Wenn es bequemer ist, muss es besser sein. Aber natürlich ist alles, was wertvoll ist, völlig unbequem. Du willst lernen, Musik zu machen. Das ist super unbequem, okay? Es ist die unbequemste Sache auf dem Planeten.

Chris Martenson: Stimmt. Charles Smith: Du willst fit sein? Es gibt überhaupt keinen Komfort in der Fitness. Es ist brutal. Okay. Ich sage das als jemand, der 64 Jahre alt ist. Ich kann immer noch schwere Gewichte heben und blah-blah. Aber es ist, weil ich all das tue, was ich tue. Es ist absolut unangenehm.

Chris Martenson: Richtig.

Charles Smith: Richtig, das finde ich auch. Ich verweigere mir diese zweite Kugel Eiscreme, wirklich schrecklich unangenehm. Ich kann beliebig weitermachen. Jede Form von sozialem Engagement ist unangenehm. Stell Dir vor, es ist schon dunkel. Es ist kalt. Ich will nicht ausgehen. Rate mal, das Treffen beginnt um 19:00 Uhr. Oder, meine Güte, es ist Samstagmorgen. Ich habe mich freiwillig für die Arbeitsgruppe gemeldet. Ich wünschte wirklich, ich könnte noch eine Stunde hier liegen. Aber ich muss aufstehen, völlig unbequem. Opfer, ja, ja, ja, ja, alles Opfer, aber das ist es, was allem einen Sinn gibt.

Chris Martenson: Ja. Es ist nicht paradox. Man würden denken, dass Leichtigkeit und Freizeit der Goldstandard sein würden. Denn natürlich, wenn wir Ruhe und Muße hätten, hätten wir Zeit, uns wirklich zu verbessern, nachzudenken und alle möglichen tollen Dinge zu tun. Aber wenn wir diese Freizeit nutzen, um im Grunde genommen faul zu sein, und das ist es, worauf es manchmal für die Leute hinausläuft. Dann gibt es keinen Sinn oder Zweck darin. Ich denke, das ist ein großer Punkt, diese Idee des Opfers. Ja. Alles, was sich wirklich lohnt, erforderte Anstrengung und Opfer.

Charles Smith: Richtig.

Chris Martenson: Das ist der Grund. Ich denke, das ist - ich meine, das ist jetzt ein banales Beispiel: Ich denke, die Leute kommen dem Ziel sehr nahe, wenn sie diese sogenannten Teilnahme-Pokal anprangern. Jeder bekommt einen Pokal, unabhängig davon ob man gewonnen oder verloren hat, oder? Es reduziert faktisch die Erfahrung für die Person, die wirklich die Anstrengung eingebracht hat, und herauskam, und verdient die höchste Auszeichnung, oder den ersten Platz verdient hätte. Weil sie darauf zugearbeitet hat. Dafür hat sie eigene Opfer gebracht. Aber es ist auch entwürdigend und erniedrigend für die Person, die nichts getan hat, eben dafür anerkannt zu werden. Ich denke, das ist wirklich erosiv, wenn man es genau anschaut. Aber irgendwie denke ich, dass Du Recht hast, wenn ich das beurteilen sollte. Ich denke, unsere Kultur hat diese Vorstellung von Bequemlichkeit wirklich geprägt. Als wäre alles, was einem unangenehm sein könnte ein Affront gegen die kulturellen Sitten wäre. “Meine Güte, mein Flieger ist zehn Minuten zu spät. Ich brauche jetzt eine Stunde, um mich von dieser Beleidigung zu erholen.” Ja. Ich glaube, da ist was dran. Wo und wie kommen die Leute zu einer Gelegenheit? Ich habe jetzt von Deiner “Opferstätte” gehört. Für mich selbst habe ich jedes Jahr die Gartenarbeit. Die ist nicht einfach. Charles Smith: Nein, ist sie nicht. Sie erfordert viel Arbeit, die ich da reinstecke. Warum ich das tue? Es macht mir Freude. Ich tue es nicht, damit ich unbedingt nur essen kann. Ich pflanze gerade, damit ich weiß, dass es jemand essen wird. Ob es ein Vogel ist, ein Waschbär, ich, der Nachbar. Das ist mir erstmal egal. Ich tue es, weil mein Wertesystem sagt: “Ich will die Gegend um mich herum so schön und produktiv wie möglich machen.”

Charles Smith: Ja. Nein. Das ist riesig. Zwei schnelle Punkte, einer davon ist, wenn Du einen Garten anlegst oder Dein Grundstück mit Blumen verschönerst. Im Grunde genommen sagen wir: “Oh, Blumen.” Nun, wart mal kurz, die Blumen bedeuten Bestäubung. So bekommen wir Bestäuber. So ernähren wir sie. Blumen sind wichtig. Sie sind nicht irgendeine vordefinierte Sache, an die blauhaarige Damen denken. Nein. Sie sind elementar. Sie verschönern auch. Wenn alle meine Blumen da draußen blühen, bleiben die Leute stehen. Die Leute schauen. Sie sehen eine Rose. Sie sehen Mohnblumen. Sie sehen all das Zeug. Sie halten inne. Sie können nichts dafür. Wir fühlen uns zu dieser Art von natürlicher Schönheit hingezogen. Wenn wir sowas erschaffen, was dann? Du wirst sehen, wie Dein Nachbar auf der Straße anfängt, etwas zu pflanzen. Oder vielleicht streicht er seinen hässlichen, herunterfallenden Zaun neu. Es ist genauso wie das “broken window” Syndrom, bei dem Nachbarschaften bergab gehen. Auf die gleiche Weise gehen Nachbarschaften aber auch bergauf. Jemand tut etwas, das die Umwelt verschönert und uns positiv darauf reagieren lässt. Wachsende Dinge und Blumen sind das, worauf wir reagieren. Wir reagieren nicht auf eine schmucklose, neue Betonplatte.

Chris Martenson: Stimmt.

Charles Smith: Die andere Sache, die ich erwähnen möchte. Wir kennen alle den Begriff der Lebensmittelwüste. Dort gibt es in benachteiligten Gegenden keine Läden für frische Lebensmittel, richtig? Dann ist die Ernährung der Menschen schrecklich. Weil sie einen Bus und all diese anderen komplizierten Hindernisse nehmen müssen, um an einen Ort zu kommen, an dem sie frisches Essen kaufen können. Wir haben auch soziale Wüsten. Viele Leute.. Gelegentlich werde ich von Leuten gefragt: “Ich kenne niemanden. Ich lebe in einem amerikanischen Vorort. Es ist wie tot, tot, oder?” Ich finde, es ist auf mehrere Arten tot. Die Antwort ist: umziehen. Mit anderen Worten, man muss irgendwo hingehen, wo es Menschen mit gleichgesinnten Werten gibt.

Chris Martenson: Genau.

Charles Smith: Es kann ein echter Mindblower sein, wenn man an einen Ort geht und sagt: “Du liebe Güte, das fühlt sich an wie zu Hause.” Es ist, als gäbe es da Leute, die die gleiche Art von Sachen machen und sich über die gleiche Art von Sachen freuen, wie ich. Für mich gibt es nichts [deprimierenderes]… eines der deprimierendsten Dinge, die ich je gesehen oder erlebt habe, war in einer geschlossenen Wohnanlage. Es war kein Super-High-End. Es war die Art von einer nicht richtig geschlossenen Wohnanlage für die Mittelklasse. Eben die aufstrebende Mittelschicht, die sich fühlen will, als hätte sie es wirklich geschafft. Es war ein Haufen Gipskisten mit ein bisschen Maniküre dran. Regeln gegen das Abstellen geparkter Autos in der Einfahrt, und so Zeug: die übliche Geschichte einer amerikanischen Vorstadt. Regeln, Regeln, Regeln, und man darf sein Haus nur beige streichen. Du gehst in den Golfclub. Es ist wie in dieser leeren Höhle. Es gibt einen Fernseher mit einigen Werbespots. Es war, als sollte das der amerikanische Traum sein. Ich dachte, das ist der deprimierendste Ort, an dem ich jemals war. Ich denke, wenn man auf einen leeren Golfclub in einer geschlossenen Wohnanlage genauso reagiert, wie ich es getan habe, dann ist man am falschen Ort. Man wird keine Menschen finden, die die gleichen Werte und den gleichen Glauben haben wie man selbst. Man wird wegziehen müssen. Das ist schrecklich. Wo wir gerade von unangenehm reden, meine ich. Wegziehen, das ist gleichauf mit Tod und Scheidung in dem Ausmaß, wie es sich auf das eigene Leben auswirkt, oder?

Chris Martenson: Stimmt.

Charles Smith: Manchmal muss man es tun, wenn man ein Zuhause finden will. Das heißt, zu Hause, wo man sich mit den Leuten tatsächlich engagieren kann, und man rollt nicht die ganze Zeit einen Stein bergauf. Man findet tatsächlich Orte, an denen man mitmachen kann und nicht selbst mit dem Ganzen alleine anfangen musst. Der andere Punkt, den ich ansprechen wollte. Wenn man Gleichgesinnte zusammenbringt, können viele gute Dinge passieren. Hier ein kurzes Beispiel. Die Kirche meines Vaters in Pasadena, als er noch lebte, verlor an Mitgliederstärke, wie viele altmodische Kirchen, ich meine altmodische protestantische Kirchen. Als die Bevölkerung, die die Kirche besuchte, allmählich wegstarb, dann dachten sie: “Nun, wir müssen die Kirche einfach verkaufen.” “Wir haben nicht genug Leute hier, um diese Kirche zu unterstützen.” Dann kam eine Gruppe junger Familien, Leute Ende 20, Anfang 30 mit Kindern, die eine Kirche suchten, die sie selbst bauen konnten. Es war wie: “Hey, warum übernehmt ihr nicht einfach diese Kirche?” Und das haben sie dann getan. Sie stellten ihren eigenen Pastor ein, der jung, voller Tatendrang und bereit war, all die Dinge zu tun, die ältere Pastoren manchmal nicht wollen; das ist zum Beispiel das Anwerben von Familien und das Ausdenken von Aktivitäten für Kinder und all das Zeug. Diese Gruppe kam herein und konnte im Grunde genommen eine gescheiterte Institution übernehmen, die neues Blut brauchte. Solche Möglichkeiten gibt es vielleicht überall im Land. Während die alten Organisationen erodieren, kann eine Gruppe junger Menschen kommen und diese Einrichtung umgestalten, damit sie ihren Bedürfnissen entsprechend gerecht wird. Dann ist es ein wirklich positives Feedback.

Chris Martenson: Ja. Das ist faszinierend. Dieses Konzept einer sozialen Wüste geht einher mit einer Lebensmittelwüste. Charles, als ich 18 war, las ich ein Buch, das einen wirklich großen Einfluss auf mich hatte. Es hieß Lame Deer, Seeker of Visions [ISBN-13: 978-0671888022]. Es ist ein Buch über einen der letzten Medizinmänner der Sioux. Er erzählte seine Beobachtungen sowohl über das Leben der Eingeborenen, als auch über Whitey und worum es in dieser neuen Kultur ging. Ich glaube, er hat wahrscheinlich in den späten 1800er und frühen 1900er Jahren gelebt. Jedenfalls, an einer Stelle sagt er: “Ihr nennt euch selbst Konsumenten.” Er sagte: “Ich kann mir nichts Erniedrigenderes vorstellen. Aber ihr nennt euch selbst so.” “Ihr wachst in diese Rolle.” In unserem Streben nach dieser Idee, großartige Orte zu schaffen, damit wir alle großartige Verbraucher sein können. Ich denke an die Zeit in Glenn Becks Studio. Adam und ich führten Gespräche mit dieser Organisation. Wir sind in Irving, Texas. Das ist ein Vorort von Dallas, oder wie auch immer man das dort nennt. Es ist wie eine eigene Metropole, aber außerhalb von Dallas. Ich habe nur versucht, von unserem Hotel über diese achtspurige Straße zu kommen, die nichtmal ein Highway war. Solche Straßen sind typisch für Texas. Alles ist so mehrspurig. Es gab keine Möglichkeit für einen Fußgänger, sicher über diese Straße zu gehen. Wir haben diese Art von Konsumparadies geschaffen, in dem man in sein Auto steigt. Und dann fährt man zu einem dieser Einkaufszentren. Es ist völlig sinnfrei, ohne jede soziale Interaktionsmöglichkeit. Und es ist fußgängerfeindlich. Schau nur, was wir aufgeben mussten, um gute Verbraucher zu sein. [ siehe auch Fromm/Chomsky, A.d.R.]. Daran habe ich mich immer erinnert. Diese Idee, sich selbst als Verbraucher zu bezeichnen. Hey, wir Verbraucher - man kann sich auch als Regenwurm oder so bezeichnen. Aber Regenwürmer haben eine Rolle. Ich weiß nicht. Es ist eines dieser interessanten Dinge. Aber um zurückzukommen: wie können wir unsere Rolle wieder einfordern? Es gibt inzwischen entsprechende Bewegungen, erfuhr ich im Gespräch mit James Howard Kunstler, und ich traf einen guten Freund von ihm. Dieser Typ, Robert Davis, der ein… er erstellte einen Plan für eine gesamte Gemeinde unten in Seaside, Florida. Sein Großvater hatte irgendwie ein großes Stück Land. Und darauf baute er eine bewusst geplante Ortschaft von Grund auf. Ich hab mir das angehört und darüber nachgedacht, was die alles getan haben um herauszufinden, wie sie diese Infrastruktur aufbauen sollten die Bewegung nennt sich New Urbanism [dt. Neuer Urbanismus] Wie machen wir das, damit diese konstruierte Infrastruktur unsere Chancen auf soziale Interaktion erhöht? Die Oberflächen unserer jeweiligen [sozialen] Blasen haben so eine höhere Wahrscheinlichkeit, aufeinander zu treffen. Ein Beispiel: Sie hatten die Schule in der Gemeinde mit dem Sportplatzrasen auf der Vorderseite der Schule gebaut. Wenn die Kinder Fußball spielen, kann die ganze Gemeinde das sehen. Du fährst vorbei, es ist gerade Unterricht. Sie sind nicht auf einem Feld hinter der Schule versteckt. Sie sind direkt vor der Tür. Dieser Sportplatz wird dann von der Gemeinde auch für andere Zwecke verwendet. Die Kinder in diesem speziellen Schulsystem werden einfach losgeschickt, wenn sie Projekte in einer unterreichtsfreien Zeit haben [s. in DE das Konzept “Herausforderung” als Lerninhalt von Margret Rasfeld]. Sie werden quasi wieder ausgewildert. Los geht’s. Sie gehen irgendwo hin, um was zu tun und kommen zurück. Es war jedenfalls ein ganz anderer Ansatz. Aber die Idee war, zu sagen: “Wie gestalten wir unsere Umgebung so, dass wir in unserem Menschsein unterstützt werden, und nicht in unserer Rolle als Konsumenten?” So würde ich Seaside von Irving unterscheiden.

Charles Smith: Ja. Ich denke, das ist ein ausgezeichnetes Argument. Um auf Deine erste Frage zu Beginn unseres Gesprächs zurückzukommen: Was ist unser Handlungsnarrativ?

Chris Martenson: Genau.

Charles Smith: Ich glaube, Du hast gerade den ersten Punkt angesprochen. Dann haben wir darüber gesprochen, sich auf die Unterstützung von regenerativen Handlungen zu konzentrieren, und dass man die Fülle im eigenen Leben teilen kann. Man sollte versuchen Menschen zu finden, die die eigenen Werte teilen, statt diese in ein juristisches Vertragswerk einzubauen.

Chris Martenson: Da hast Du Recht.

Charles Smith: Ja.

Chris Martenson: Man muss bereit sein ein Opfer oder unausweichliche Unannehmlichkeiten auf sich zu nehmen, um ein Treffen in einem Rotary Club durchzustehen, wo es vielleicht einen Redner gibt, der langatmig und uninteressant ist. Oder was auch immer das Opfer ist, das man in Kauf nehmen muss. Oder zu verstehen, dass die Arbeit mit Gruppen von Menschen per Definition keine sehr effiziente Methode ist, um Dinge umzusetzen.

Charles Smith: Nein. Es ist oft eine echte Plackerei. Vielleicht weil jemand auf dem hohen Ross sitzt und möchte, dass die Gruppe nach seiner Pfeife tanzt. Und dann gibt es immer wieder auch exzentrische Gruppenmitglieder. Aber ja, ich meine, das Positive. Wenn die Dinge zusammenpassen, und das tun sie immer ab und zu, dann kann man oft nur noch Wow sagen. Dieses Gefühl der eigenen Beteiligung ist unersetzlich, sobald man etwas tatsächlich umgesetzt hat.

Chris Martenson: Richtig.

Charles Smith: Man hat etwas Gutes in der Gemeinschaft getan, ja. Das ist eine ganz besondere Sache, und das ist auch, was man als Konsument nie bekommen kann. Man bekommt nur diese Art Zuckerrausch, wenn man sich was kauft. Dann hat man diesen Zuckerrausch, aber der klingt schnell ab. Wie wenn man begeistert ist, wenn man das ersten Mal etwas benutzt hat oder so. Man gewöhnt sich sehr schnell dran. Dann muss man wieder eins drauflegen, durch den Kauf von etwas anderem. Aber die Gemeinschaft oder Organisationen, und die Beteiligung und das Engagement, über das wir reden. Es ist eine Ebene der erfahrungsmäßigen Bedeutung, die unersetzlich ist. Man kann das nicht durch Konsumdenken ersetzen. Das ist so in etwa das, worüber wir gesprochen haben.

Chris Martenson: Richtig. Wir fühlen uns wirklich ziemlich geehrt hier, dass diese letzten Stücke, die ich herausgebracht habe, etwas ausgelöst haben. Ich denke, es spricht für diese Idee, dass wir alle wissen, dass wir regenerativer und reichhaltiger leben müssen. Es ist eher schöpferisch als extraktiv und degenerativ. Und es hat Seltenheitswert, sollte ich sagen. Angesichts dessen und angesichts der Tatsache, dass all diese Energie vorhanden ist und wir wissen, dass wir wirklich anfangen müssen, uns in diese Richtung zu bewegen. Ich denke, das ist die Einladung, die ich hier an mich selbst richten würde. Und wenn sich ein Zuhörer davon angesprochen fühlt möchte ich sie auch an diese Person richten. Ich denke, ich bin jetzt von Dir inspiriert, Charles, los zu gehen und einfach eine neue, bereits bestehende Gruppe in meiner Stadt zu finden. Einfach aus”spüren”, ausprobieren und mal sehen, was die so vorhaben - man kann das einfach als Gelegenheit nutzen, sich weiter zu engagieren.

Charles Smith: Genau. Das ist immer das Einfachste. Es könnte sein, dass man ein paar verschiedene Stellen ausprobieren muss. Einige werden einen nicht ansprechen. Oder sie geben einem nicht das Gefühl von positivem Feedback. Aber dann versucht man einfach etwas anderes. Oder, wenn alle Stricke reissen, kann man versuchen mit etwas Neuem anzufangen. “Von Grund auf” habe ich auch schon gemacht. Ich habe gerade eine Anzeige aufgegeben, so eine Schwarzes Brett Sache. Dann sagt man: “Hey, hat jemand Interesse an, sagen wir, Gartenarbeit oder Radfahren?” “Hey, kommt am Samstag Mittag in den Besprechungsraum der Bibliothek.” Oder sowas ähnliches, man weiss nie. Manchmal beginnt es auf diese Art. Wie auch immer, ich versuche… Ich fühle mich auch inspiriert sicherzustellen, dass ich unser Familiennetzwerk und mein Netzwerk von Freunden stärke. Mit anderen Worten, was jeder bereits hat, ist schon ein ziemlich brauchbarer Anfang.

Chris Martenson: Absolut, nein, auch das ist ein toller Punkt und Ratschlag. Da wir langsam zum Ende kommen, denke ich gerade: Ich werde weiterhin diese Botschaft aussenden. Denn, hör mal, wie ich zu sagen pflege: “Ich mag Fehler machen, aber ich bin nicht verwirrt.” Alle Daten, die ich habe, Charles, sagen mir, dass wir uns ab einem gewissen Punkt auf einen ökologischen Albtraum zubewegen. Es wird auf… Vielleicht wird es bis auf die Ebene des Überlebens der Menschheit gehen. Wenn der Regen aufhört zu fallen und wir haben weltweit drei Missernten in Folge, das wäre eine ziemlich schlimme Situation. Das könnte passieren [siehe auch Dobler]. Aber was ich eigentlich meine, ist schlicht die stetige Erosion und der Verlust der Ökologie und der Ökosysteme. In wirtschaftlicher Hinsicht werden wir irgendwann entdecken, dass sie wertvolle Dienste leisten, und zwar kostenlos. Wenn sie ausbleiben, stellt man plötzlich fest, wie wertvoll sie waren. Hier ist eine kurze Nebenbemerkung: Ich kichere jedes Mal, wenn die Leute sagen: “Oh, Bienen leisten Bestäubungsdienste im Wert von 28 Milliarden Dollar.” Ich so, “Nein. Das sind keine 28 Milliarden Dollar, Leute. Es ist unendlich. Das sind unendlich hohe Kosten.” Denn wenn die Bienen verschwinden würden, würde man feststellen, dass man nichteinmal für die ordentliche Summe von 28 Milliarden Dollar eine Bestäubung kaufen kann. Es wäre unmöglich. Es ist eigentlich eine Dienstleistung, die sich in keinster Weise so bemessen lässt. Aber wir verlieren schnell ganze Sektoren kritischer Ökosysteme und Arten. Die Natur ist reichhaltig und sie ist widerstandsfähig. Es ist nur, dass wenn sie beschließt dieses Loch zu füllen, das die abgestorbenen Fische hinterlassen haben, dann hat man plötzlich stattdessen einen Ozean voller Quallen. Oder die Insekten sind verschwunden und jetzt hat man stattdessen diesen seltsamen Pilz an der Backe, der auftaucht und ein Riesenproblem ist. Irgendwas wird immer an die Stelle dessen treten, das eine Lücke zurückgelassen hat. Aber wir in meiner Welt, wir Menschen, sollten nicht die Dinge stören, die wir nicht verstehen. Wir sollten sie auch erhalten, nur weil sie intakt und schön sind, und exquisit, so wie sie eben sind. Es fühlt sich einfach so an… Ja. Es fühlt sich an, als ob wir in einem großen, alten, klapprigen Haus leben. Wir sind damit beschäftigt, durch Holz zu sägen. Aber wir können einen Balken nicht von einem Holm oder einem Pfeiler unterscheiden. Es ist wie ein Mangel an Wissen über das Haus, in dem wir leben. Wir sind beschäftigt damit, Teile einfach zu entfernen und das fühlt sich für mich einfach nicht klug an. Damit sage ich, dass wir neue Dinge tun müssen. Wir brauchen Individuen, die anfangen in ihrem eigenen Leben aufzustehen und loszugehen, um sich mehr auf diese Idee der Regeneration im Überfluss auszurichten. Die Leute wollen das tun. Es wird alles mehr Sinn machen und mehr Nutzen haben. Aber zuerst müssen wir aus der… Ich weiß nicht einmal, wie ich es nennen soll, dieses Kraftfeld dieser alternativen Realitätsblase, in das wir irgendwie konditioniert wurden: “Du bist ein Konsument. Du brauchst einen Job. Das ist es, was wichtig für Dich ist.” Natürlich erweist sich keines dieser Dinge bei genauer Betrachtung als so wichtig. Wie können wir für uns selbst die Art von Leben wieder aufbauen, die uns wirklich dient und uns erlaubt, in eine Zukunft zu navigieren, an die wir glauben können, und ohne die das alles keinen Sinn macht?

Charles Smith: Richtig. Mein letzter Vorschlag wäre, einen Baum zu pflanzen, oder eine Reihe von Bäumen. Man pflanzt Blumen und Gemüse und Pflanzenmaterial für Bestäuber und schafft so ein Ökosystem auf dem eigenen kleinen Fleckchen Erde, so klein es auch sein mag. Dann teilt man, was man gepflanzt hat. Es gibt wirklich erstaunliche Dinge, die passieren, wenn man kostenlose Nahrungsmittel oder sogar etwas, das man mit der Ernte vom eigenen Baum gebacken hat, zu seinem Nachbarn bringt. Ich meine, du hast jemandem den Tag verschönert. Du hast einen Volltreffer gelandet. Das kann man nicht im Maßstab des Konsumismus messen. Es gibt keine Entsprechung. Geh da raus, pflanze was an und teile es dann. Man wird einiges an positiver Rückmeldungen erhalten, welche das eigene Leben und das Leben der Empfänger schöner machen werden.

Chris Martenson: Auf jeden Fall. Lasst uns das alle tun. Ich werde…… In ungefähr einem Monat werde ich eine offene Fülle in meinem Garten haben, die ich mit den Leuten teilen werde, die gegenüber von mir leben, weil die nur durch die Eigenart der Topographie schlechtes Sonnenlicht haben. Aber sie wünschten, sie hätten besseres Sonnenlicht. Ich habe das Sonnenlicht. Ich werde es so mit ihnen teilen. Damit, Charles, vielen Dank für Deine Zeit heute.

Charles Smith: Okay. Vielen Dank, Chris.